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Vererbung - Uli - 11.04.2006

Allergische Erkrankungen im Kindesalter

Auszüge aus dem Buch von Stephan Illing
Hippokrates Verlag, ISBN 3-7773-1192-8 ( 1997)

1.3 Genetik
Familiäre Häufungen bei atopischen Erkrankungen wurden schon früh beobachtet. Bei eineiigen Zwillingen zeigte sich eine fast doppelt so hohe Übereinstimmung im Gesamt-IgE und bronchialer Überempfindlichkeit als bei zweieiigen Zwillingen, was die ausgeprägte genetische Komponente unterstreicht. Allerdings ist kein einfacher Erbgang anzunehmen, sondern eher eine polygenetische Anlage, deren Expression von äußeren Faktoren abhängt.
Ein eindeutig definiertes >Allergie-Gen< ließ sich jedenfalls bisher nicht finden. Allerdings scheint auf dem Chromosom 11q ein Gen zu existieren, das über mütterliche Vererbung für die Entwicklung einer Atopie determiniert.
Das Risiko für ein Kind, eine atopische Erkrankung zu entwickeln, kann aufgrund der Familienanamnese etwa folgendermaßen eingeschätzt werden:

Risiko, eine atopische Krankheit zu entwickeln
Beide Eltern gesund 5- 15 %
Ein Elternteil Atopiker 20-40 %
Ein Geschwister Atopiker 25-35 %
Beide Eltern Atopiker 40-60 %
Beide Eltern dieselbe
Manifestation 60-80 %

Umgekehrt kann man bei etwa 2/3 atopischer Kinder eine positive Familienanamnese erheben. Bei etwa 30% aller Neugeborenen soll sich eine positive Atopieanamnese erheben lassen (1997). Diese Zahlenangaben variieren je nach Studie deutlich und in der Tabelle sind die Durchschnittswerte der größeren Untersuchungen wiedergegeben. Die Wahrscheinlichkeit bezieht sich in der Regel auf die Entwicklung einer atopischen Erkrankung in den ersten Lebensjahren.
Zwar gibt es Hinweise auf den Zusammenhang zwischen HLA-Typen A1,A3,A9,B8 und BW35 und Atopien, jedoch wurde in Kontrolluntersuchungen keine sichere Assoziation bestimmter HLA-Typen mit atopischen Erkrankungen gefunden. Innerhalb einer Familie sind jedoch HLA-Eigenschaften und Atopie überzufällig gemeinsam vererbt. Verschiedentlich wurden Koinzidenzen auf bestimmte Einzelallergene beschrieben. Wie weit HLA-Typen bestimmten Allergenen zuzuordnen sind ist noch offen.

Bei Allergien ohne familiäre Disposition wurde eine Häufung des Rhesus-cc-Faktors gefunden, ohne dass dieser Befund eine praktische Bedeutung erlangt hat.

Zusammenfassend muss man feststellen, dass genetische Einflüsse bestehen, aber keiner der klassischen Erbgänge anzunehmen ist, und dass keine sicheren Assoziationen mit anderen vererbten Zelleigenschaften besteht. Dabei werden die Fähigkeit, IgE in großen oder in kleinen Mengen zu produzieren und die Fähigkeit, spezifisches IgE dauerhaft auch ohne Kontakt weiterzubilden, getrennt voneinander vererbt. Außerdem ist die Expression der Anlagen von verschiedenen, nicht qualifizierbaren inneren und äußeren Faktoren abhängig
( multifaktorieller Erbgang mit Schwellenwerteffekt)


1.4 Epidemiologie und manifestationsfördernde Faktoren

Allergien haben in den letzten Jahrzehnten ohne Zweifel zugenommen. Zuverlässige Daten aus früheren Generationen sind selten und vergleichbare Untersuchungen liegen nur aus der Schweiz vor. Dabei zeigt sich, dass Pollenallergien in den letzten 60 Jahren in städtischen Gebieten um das 10-fache, in ländlichen Gebieten um fast das 100-fache zugenommen haben (Anmerkung Uli: was der momentanen Mode-Erklärung, ländlicher Dreck würde Allergien vorbeugen, wohl heftig wiederspricht!)
In der mitteleuropäischen Bevölkerung kann man etwa mit folgenden Durchschnittszahlen rechnen:
- Knapp 10% aller Kleinkinder haben zu irgendeinem Zeitpunkt Hauterscheinungen, die einer atopischen Dermatitis zuzuordnen sind
- 6-8% aller Kleinkinder haben obstruktive Bronchitiden
- 4-6% aller Schulkinder haben Asthma bronchiale
- 10-15% der jungen Erwachsenen haben eine Pollinose( Pollenallergie)
Atopische Erkrankungen zählen damit zu den häufigsten chronischen Erkrankungen und nehmen einen entsprechenden Raum in der pädiatrischen Allgemeinpraxis ein. Das Maximum allergischer Erkrankungen wird im 3. Lebensjahrzehnt erreicht, wobei in den letzten Jahren eine zunehmende Tendenz zur Erstmanifestation einer Pollinose auch nach dem 30. Lebensjahr besteht, was vor einer Generation noch ungewöhnlich war.

Buchzitat-Ende


Publikationen aus 2002:

Ärzte Zeitung, 18.09.2002

Bereits Feten können auf Allergene reagierenIn einer Studie hatte jedes dritte Neugeborene allergologisch bedeutsames Immunglobulin E im NabelschnurblutSTOCKHOLM (nsi). Schon das Immunsystem eines Feten kann auf Stoffe aus der Umwelt reagieren. Deutsche Immunologen, Epidemiologen und Pädiater haben jetzt weltweit zum ersten Mal nachgewiesen, daß die IgE-Menge in der Nabelschnurvene direkt korreliert mit den Mengen an Katzen- und Milbenallergenen, denen das Kind pränatal über die Matratze seiner Mutter ausgesetzt war.Für Endotoxin, ein Parameter für gram-negative Bakterien, ist die Beziehung zwischen IgE und der Dosis des Endotoxins invers. Bei hohen Endotoxin-Konzentrationen nimmt aber auch die IgE-Konzentration im Blut des Kindes zu.Ihre Daten haben Dr. Joachim Heinrich vom GSF-Institut für Epidemiologie in München und seine Kollegen bei der Jahrestagung der "European Respiratory Society" in Stockholm vorgestellt und zeitgleich publiziert (Eur Resp J 3, 2002, 617). Sie haben die Daten von 1332 Neugeborenen und ihren Familien in Leipzig oder München ausgewertet. Die Forscher fragten nach Lebensstil - etwa Rauchen -, nach Bildung und dem Auftreten von Atopien: Asthma, Heuschnupfen, atopischen Ekzem.Dann sammelten sie Staub. Mit einer Vakuumpumpe saugten sie aus den Matratzen, auf denen die schwangeren Mütter geschlafen hatten, den Staub aus jeweils einem Quadratmeter Fläche, und zwar nach der Geburt des Kindes (maximal drei Monate später). Im Staub bestimmten sie die Katzen- und Milben- sowie die Endotoxinmenge.Bei einem Drittel aller Kinder war IgE im Nabelschnurblut nachweisbar. Da das Immunglobulin nicht die Plazentaschranke überwindet, muß es also vom Kind selbst stammen. "Interessanterweise unterschieden sich die IgE-Mengen im Nabelschnurblut in Abhängigkeit vom Allergen", so Heinrich. "Beim Katzenallergen etwa fanden wir eine direkte Beziehung zwischen der Menge des Allergens und der des IgE, bei Milbenallergenen nahm die IgE-Konzentration mit steigender Allergen-Menge zu, erreichte dann ein Plateau und fiel bei den höchsten gemessenen Konzentrationen des Milbenallergens wieder ab." Die Ergebnisse waren unabhängig davon, ob in der Familie Atopien vorgekommen waren oder nicht."Die biologische Umwelt der Mutter beeinflußt das Immunsystem des Kindes unabhängig von genetischen Faktoren", schließt Heinrich aus der Studie. Kinder mit erhöhten IgE-Konzentrationen im Nabelschnurblut müßten aber nicht unbedingt im späteren Leben Allergien entwickeln.


Aus der > Klinikzeitung der Alexanderhausklinik Davos 3.2002
Zsolt Szepfalusi
Intrauterine Prägung des Immunsystems auf Umwelt- und Lebensmittelallergene
Sensibilisierung auf Birkenpollen beginnt schon im Mutterleib

Auszüge:
Allergische Erkrankungen nehmen weltweit zu und beginnen oft im frühen Kindesalter. Andrerseits scheinen die effektivsten Präventivmaßnahmen in den ersten Lebensmonaten zu greifen. Es ist deshalb von Bedeutung, die frühen immunologischen Veränderungen, die einer allergischen Erkrankung Vorschub leisten, zu erforschen.
So wissen wir schon, dass das intrauterine Leben des Ungeborenen durch eine Umgebung von T2-Helferzellen (TH2) geprägt ist, die eine gesunde Schwangerschaft und Geburt begleiten und ermöglichen. Wir wissen aber auch, dass dieselbe TH2-Umgebung eine Allergie-fördernde Umgebung darstellen kann. Die Frage lag daher nahe, ob die Weichen für eine allergische Sensibilisierung nicht bereits vor der Geburt des Kindes gestellt werden.
Aufgrund zahlreicher Untersuchungen konnte in den letzten Jahren gezeigt werden, dass schon der Fetus Kontakt mit nutritiven und inhalativen Allergenen hat, die zu einer T-Lymphozytenprägung führen. Die Übertragung der Allergene von der Mutter auf den feten erfolgt über die Plazentaschranke. Die daraus resultierende T-Lymphozyten-Prägung kann im Nabelschnurblut gemessen werden.
In welchem Organsystem letztendlich die Immunantwort auf diese Antigene/Allergene stattfindet, ist noch unklar.......


Aus MedReport Nr. 26 26. Jahrgang 2002
Jutta Hammermann, T.Hirsch, W. Leupold – Dresden
Atopische Dermatitis ab der 10. Lebenswoche bei allergischer Sensibilisierung gegenüber Molken und Kasein-Hydrolysat

Auszüge:
Eine Sensibilisierung gegenüber Kuhmilch ist zum einen schon intrauterin möglich, zum anderen können Fremdallergene den Säugling bereits über die Muttermilch erreichen und eine Sensibilisierung auslösen. Bei der Kuhmilchallergie kommt es zu einer Sensibilisierung gegenüber den in der Kuhmilch enthaltenen Proteinen.
Beta-Lactoglobulin, alpha-Lactalbumin und Kasein sind hierbei relevante Allergene. Beta-Lactoglobulin stellt hierbei in der Mehrzahl der Fälle das auslösende Allergen dar.
.....


Uli