Pharmadumping - Uli - 14.08.2007
Zitat:Wie Patienten angefüttert werden
hr, Dienstag, 14. August 2007
Vor ein paar Stunden erst wurde Luise Nagel aus dem Krankenhaus entlassen. Sie hatte einen leichten Herzinfarkt, ein Herzkranzgefäß wurde wieder aufgemacht. Jetzt ist ihr Hausarzt Dr. Peetz wieder für sie zuständig. Und zwischen den beiden entspinnt sich eine Diskussion, wie sie Ärzte und Patienten landein, landauf aus eigener Erfahrung kennen. Denn nun muss der Hausarzt ihr die Medikamente weiter verschreiben, die sie im Krankenhaus bekommen hat. Luise Nagel möchte die gleichen Präparate bekommen, die man ihr im Krankenhaus gegeben hat. Aber die kann Dr. Peetz ihr nicht verschreiben: zu teuer. Er schreibt Frau Nagel preisgünstigere Generika auf. Die Patientin ist nicht begeistert: „Ist denn der Preisunterschied wirklich sehr groß?“ - „Teilweise ist der Preisunterschied wirklich sehr groß.“ Ein ungelöster Konflikt.
Das Übel beginnt in der Krankenhausapotheke. Hier liefern die Pharmafirmen bestimmte Medikamente seit jeher zu Spottpreisen ab, früher wurde sogar vieles verschenkt. Den lukrativen Platz in der Krankenhausapotheke erkämpfen sie sich häufig mit Dumpingpreisen. Apotheker Dr. Manfred Schmall in der Klinikums-Apotheke Darmstadt sagt: „Preisnachlässe grundsätzlich bekommen wir bei den Arzneimitteln, die wir in großen Mengen einkaufen, wo der Vertriebsweg sehr einfach ist, und wo auf dem Markt Konkurrenzprodukte vorhanden sind.“
Patienten als Pharmareferenten der Industrie
Über das Dumpingangebot ans Krankenhaus gelangen die Pharma-Produzenten dann an gute Geschäfte in der öffentlichen Apotheke. Die aus dem Krankenhaus entlassenen Patienten und ihre Kassen müssen plötzlich für das gleiche Medikament ein Vielfaches bezahlen. Jetzt macht die Industrie das große Geschäft - auf Kosten der Versicherten und des Gesundheitssystems.
Professor Gerd Glaeske, Mitglied im Gesundheits-Sachverständigenrat der Regierung erklärt das Problem: „Die Patienten werden in der Tat an die Arzneimittel im Krankenhaus gewöhnt, sie wissen, dass die Pille blau, rot oder weiß ist und wollen draußen die gleiche Pille wieder haben. Insofern werden auch die Patienten quasi als Pharmareferenten von der Industrie genutzt, weil die bei ihren Ärzten in der ambulanten Versorgung darauf bestehen, dass sie die Arzneimittel weiter bekommen, die im Krankenhaus begonnen wurden.“
Klinikrabatte von bis zu 97 Prozent
Genaue Zahlen zum Trick mit dem Dumping nennt kein Krankenhaus. Alle halten dicht. Doch [plusminus liegen zwei krasse Beispiele vor. Die Firma Hexal bot einer Klinik im März 2006 das Blutdruckmittel Captohexal zum Preis von einem Cent pro Tablette an. Das gleiche Mittel kostete die öffentliche Apotheke zu dieser Zeit jedoch 15 Cent, 15 mal so viel. Der Klinikrabatt betrug also 93,3 Prozent - so funktioniert das Marketing. Ein weiteres Hexal-Angebot: Auch das Epilepsiemittel Carbamacepin Hexal war für die Klinik für einen Cent pro Tablette zu haben. Für die öffentliche Apotheke war es 29 mal teurer. Der Klinikrabatt betrug 96,6 Prozent.
Solche Rabatte hält die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs für gesetzwidrig und verklagte Hexal auf Unterlassung. „Wir beklagen die extremen Dumpingpreise von bis zu 97 Prozent“, erklärt Christiane Köber von der Wettbewerbszentrale. „Der Patient solle im Krankenhaus angefüttert werden. Das heißt, er soll im Krankenhaus an diese Präparate gewöhnt werden. Und der Patient besorgt sich diese Medikamente in seiner Apotheke. Und siehe da, da sind die Medikamente aber dann nicht mehr so billig, sondern im Gegenteil, sie liegen allenfalls im preislichen Mittelfeld.“
Was die Firma bei den Dumpingpreisen für die Krankenhäuser zubuttern muss, holt sie sich also über die hohen Preise in der öffentlichen Apotheke wieder herein. Mit der Dumpingmethode, so der Vorwurf der Wettbewerbshüter, wird der Wettbewerb verzerrt.
Regulation könnte auf Dauer die Preise senken
Plusminus bat Hexal um Stellungnahme. Man wollte kein Interview vor der Kamera, antwortete stattdessen schriftlich: „Hexal hat den Wettbewerb nicht verzerrt - niedrige Klinikpreise waren zum damaligen Zeitpunkt durchaus branchenüblich.“ Das solche Preise verkehrsüblich sind, bestreitet die Wettbewerbszentrale: Kleine und mittlere Unternehmen könnten bei diesem Preiskampf nicht mithalten.
Professor Gerd Glaeske fordert, den Trick der Arzneimittelfirmen mit dem Krankenhaus per Gesetz zu stoppen und wünscht sich, „dass es hier zu einer klareren Regulation kommt. Dass man im Grunde genommen deutlich macht, dass im Krankenhaus wie in der ambulanten Versorgung die gleichen Preise verlangt würden.“
Dadurch würden die Preise im Krankenhaus erst einmal steigen. Aber ein echter Wettbewerb mit Chancen auch für preiswertere Hersteller, die sich das Dumping nicht leisten können, dürfte auf Dauer die Pillenpreise drücken.
Autor: Herbert Stelz
http://www.daserste.de/plusminus/beitrag_dyn~uid,14eggy264cqzqr1k~cm.asp
...dabei ist letztendlich nur ( und ausschließlich! ) der phamakologische Wirkstoff wichtig - und evtl. mögliche - unverträgliche - Füllstoffe! Als Patient ( und "Pillenschlucker" ) wäre man gut beraten, ein "verträgliches" Präparat zu erhalten - egal, von welcher Firma!!!!
Uli
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