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Stiefkinder der Allergologie - Uli - 06.05.2008

Nahrungsmittelallergien : Stiefkinder der Allergologie

...so lautet die vielversprechende Überschrift einer 14-seitigen Fortbildung in der >> Ärztliche Praxis DermatologieAllergologie 2_2008 <<
http://www.aerztlichepraxis.de/artikel_dermatologie_aktuell_cme_120877108622.htm
....leider sind die Beiträge selbst nicht "lesbar".....


Ein paar "Highlights " ( positive wie negative ) möchte ich Euch nicht vorenthalten – nur in kurzen Zitaten......

Der erste Autor ist: Dr. Roland R. Riedl- Seifert, Pädiatrische Pneumologie, Allergologie –Kassel

Zitat:...Umfragen ergeben immer wieder dasselbe Bild: Etwa jeder 5. glaubt, unter einer Nahrungsmittelallergie zu leiden. Tatsächlich sind aber weniger als 3 % der Bevölkerung betroffen. Bei Kleinkindern liegt die Rate eventuell ein bisschen höher.


Der Autor erzählt dann von diversen Studien, die man durchgeführt habe und bei denen sich die Vermutungen der Eltern nicht durch Test, Blutergebnisse und Provokationen nicht bestätigen ließen.

Zitat:....Häufigste Auslöser sind beim Kind Ei, Milch, Weizen und Soja, beim Erwachsenen kommen Sellerie, Nüsse , Früchte, Fleisch und Fisch hinzu .....


Zitat:.....Entgegen der allgemeinen Tendenz haben Nahrungsmittelallergien in den zurückliegenden Jahren nicht die gleiche Hausse erlebt wie beispielsweise die allergische Rhinokonjunktivitis ( ...vielleicht würde diese Aussage anders lauten , wenn man die \"Reizdarm\"- Patienten mit berücksichtigen würde????? )
Allerdings steht Letztere in engem Zusammenhang mit dem oralen Allergie-Syndrom, das als pollenassoziierte Nahrungsmittelallergie gesehen wird und entsprechend der Grunderkrankung Pollinosis häufiger zu beobachten ist.
Keine zuverlässigen Daten gibt es zu Pseudoallergien , bzw. Nahrungsmittelunverträglichkeiten.
Eine Laktoseintoleranz haben etwa 10% der Erwachsenen, im Kleinkindalter kommt sie kaum vor. ( die 10 % dürften \"untertrieben\" sein .....)

Zitat:Die immunologischen Grundlagen sind nur theoretisch bekannt
Die pathophysiologischen Grundlagen der Nahrungsmittelallergie sind nur theoretisch bekannt. Welche Bedingungen tatsächlich erfüllt sein müssen, um im Darm die Toleranz gegenüber den tagtäglich zu Tausenden und Abertausenden anströmenden Antigenen- und dann nur auf ein spezifisches – zu zerstören bleibt unklar.
....Die Darmschleimhaut enthält auch reichlich Mastzellen und eosinophile Granulozyten, bei Allergikern wahrscheinlich mehr als bei Nichtallergikern



Und dann steht da in einem Kasten die Symptomatik bei Nahrungsmittelallergie

Zitat:gastrointestinal : Übelkeit, Erbrechen, Durchfall, Meteorismus, Koliken
kutan : Urticaria, Ekzem, Juckreiz, Flush, Verschlechterung eines atopischen Ekzems, Angioödem
respiratorisch : Rhinitis, Husten, Heiserkeit, Bronchialobstruktion
neurologisch: Kopfschmerzen, Schwindel, Reizbarkeit
systemisch: Tachycardie, Kollaps, Hypotension


Zitat:...Auch bei Erwachsenen lassen sich IgE- Spiegel gegen alles Mögliche nachweisen. (Aber in den seltensten Fällen auf Nahrungsmittel.....) . Daher sollten breite Screening – oder Suchtests bei Verdacht auf Nahrungsmittelallergie obsolet sein. Eine gezielte IgE- Bestimmung hingegen gilt als wichtige diagnostische Zusatzinformation. IgG- Bestimmungen haben keinen Stellenwert .


Zitat:...Warum äußern sich Nahrungsmittelallergien auch an Haut oder Lunge?
Wie für alle allergischen Erkrankungen ist unklar, wieso sie sich bevorzugt an bestimmten Organsystemen manifestieren. Auch wenn der Auslöser eindeutig oral aufgenommen wird, bleiben die Reaktionen einer NMA keineswegs auf den Gastrointestinaltrakt beschränkt, wo sie als Übelkeit, Erbrechen, Durchfall, Bauchkrämpfe , Meteorismus in Erscheinung treten. So kann eine Erdnussallergie beispielsweise ein OAS auslösen oder aber einen Herz- Kreislauf- Stillstand bewirken. Eine Sojaallergie kann Übelkeit, Erbrechen und Durchfall verursachen oder einen schweren Asthmaanfall.
Besonders schwierig zu beurteilen ist die Verschlechterung eines atypischen Ekzems durch Nahrungsmittel. Die typische Spätreaktion zeigt sich erst nach Tagen , weswegen die Patienten anders als bei Sofortreaktionen oft keinen Zusammenhang mit der Nahrungsaufnahme herstellen können. Oder sie tritt gelegentlich auch erst nach wiederholter Allergenexposition auf. ( ....da würde ich `mal meinen, dass die immer geforderten \"Provokationen\" nichts bringen, besonders dann, wenn ein \"Mix aus versch. Allergenen\" für Reaktionen verantwortlich ist und es zudem noch zu \"Spätreaktionen\" kommt......... )
Dabei lösen Nahrungsmittelallergien häufiger Reaktionen der Haut ( Ekzem, Urticaria) als solche des Gastrointestinaltraktes aus.

...Fortsetzung folgt


Stiefkinder der Allergologie - Uli - 06.05.2008

.....nächster Beitrag: Hohe Schule der Diagnostik nicht leicht zu beherrschen

Wichtig!
Zitat:Die Basis jeder Allergiediagnostik ist die sorgfältige Anamnese, in der Regel ergänzt durch das Führen eines Ernährungs- und Symptometagebuchs. Kristallisiert sich ein bestimmter Verdacht heraus, können Hauttest und spez. IgE weiterführen, die Diagnose aber weder endgültig sichern noch ausschließen. Gerda bei Nahrungsmittelallergien versagen diese Methoden häufig und auch CAP – und RAST –Ergebnisse sind weniger zuverlässig als bei allergischer Rhinitis.
( wie wahr!!!!)

Zitat:....Der Goldstandard der Diagnostik stellt die doppelblind- Placebo- kontrollierte orale Nahrungsmittelprovokation dar. Nur sie kann den zweifelsfreien Beweis erbringen – vorausgesetzt, es tritt eine objektivierbare Symptomatik auf. Doch diese Untersuchung ist derart aufwendig und zeitraubend, manchmal gar mit mehrwöchigen Krankenhausaufenthalten verbunden, dass sie Einzelfällen vorbehalten bleiben muss.
( Ich wage es zu bezweifeln, dass diese Art der Provokation wirklich \"aussagekräftig\" ist: was ist, wenn erst mehrere Substanzen -> Nahrungsproteine + z.B. Konservierungsstoffe + körperliche Aktivitäten zu einer Reaktion führen, oder die Exposition über einen längeren Zeitraum hin?????? )


Und nun wird`s doch etwas "abenteuerlich" :
Zitat:.......Therapeutisch wenig zu bieten: Die Behandlung von NMA`s unterscheiden sich nur insoweit von denen anderer Allergieformen als die Möglichkeiten deutlich schlechter sind. Derzeit hat noch immer die Allergenkarenz – soweit überhaupt realisierbar- oberste Priorität. Bei multiplen Auslösern , aber auch bei Kindern mit Milchallergie besteht jedoch die Gefahr einer Mangelernährung.


...es kommt noch "besser" – nun kommt eine andere Autorin zu Wort: Dr. Ulrike Röper

Zitat:...Keine Eliminationsdiät für Kinder
Auch wenn sich bei Kindern oft eine Sensibilisierung gegen Hühnereiweiß oder Kuhmilch nachweisen lässt, ist dies` kein Grund für eine Eliminationsdiät. Leider glauben viele Eltern durch milcheiweißfreie Ernährung ein atopisches Ekzem heilen zu können und wechseln auf Sojamilch über. Dadurch handeln sie sich oft genug ernsthafte Probleme ein . Denn Soja ist im Gegensatz zu Kuhmilch eines der aggressiveren Allergene und führt häufiger zu Sensibilisierung.
Kuhmilch ist für Kinder ein lebenswichtiges Nahrungsmittel. Eine Eliminationsdiät bleibt den selten Fällen schwerster Unverträglichkeitsreaktionen vorbehalten und muss durch sorgfältige Diagnostik eines pädiatrisch erfahrenen Allergologen abgesichert sein.


Tja – was soll man nun dazu sagen? O.k. – dass man nicht einfach auf Soja wechseln sollte – eben weil Soja ein höchst potentes Allergen ( - und Kreuzallergen) ist: dieser Rat dürfte wohl mehr als akzeptabel sein.

Die weiteren Aussagen aber stoßen bei mir auf ziemliches "Unverständnis"........
...dass Kuhmilch ein wichtiges Lebensmittel für Kinder sei ( zudem noch für solche, die darauf allergisch sind....) -> da würde ich meinen, dass die Gehirnwäsche der Milchindustrie und der diversen "Ernährungsgesellschaften" ganze Arbeit geleistet haben!
Was aus den obigen Worten nun nicht ersichtlich ist: was versteht die Autorin ( und Kollegen) unter >> schwersten Unverträglichkeitsreaktionen<< ????
Da fällt mir nur Anaphylaxie ein.......
Was aber ist mit den Kindern ( - und auch Erwachsenen) , die unter Neurodermitis leiden und sich fast die Haut vom Leibe kratzen????
Was ist mit den Kindern, die Bauchweh , Koliken und Durchfall / Obstipation haben????
Die Wachs- und Gedeihstörungen, Verhaltensauffälligkeiten haben??
Die häufige und auch schwere Infekte an Mandeln, Bronchien Mittelohr ( später dann Nasennebenhöhlen) haben???
...achja, da gibt es ja Mittel und Wege aus >> der Pharma- Wundertüte<< , was reg` ich mich da auf.......

...und es wird geraten, die Kinder zu "desensibilisieren" -> das Zauberwort heißt >> spezifische orale Toleranzinduktion ( SOTI) , in dem den Kindern täglich und über einen längeren Zeitraum kleinste, sich nach und nach steigernde Mengen an "ihrem" Allergen verabreicht. Es darf kein Tag ausgelassen werden – sonst kann es zu schwereren Reaktionen bei der nächsten Dosis kommen.......
Und hier stellt sich mir unweigerlich die Frage, ob es denn "sinnvoll" ist , Milch wieder in vollen Zügen genießen zu können????

Nun muss man sich auch nicht wundern, wenn einem der Kinderarzt ( oder sonstiger Doc) solche Ratschläge unterbreitet, man solle nichts eliminieren, sondern ruhig alles weiteressen wie bisher! Denn die o.g. Infos stammen aus einer zertifizierten Fortbildung!
Da braucht man sich wirklich nicht zu wundern............

Und noch eine sehr interessante Info ist da zu lesen: Unter GKV- Bedingungen ist die erforderliche Diagnostik ( und Aufklärung) nicht machbar.
Lange Anamnese – und Aufklärungsgespräche sind nicht vorgesehen, auch die mitunter sehr aufwändige Diagnostik.: Indem man sie einfach ignoriert, gibt`s weniger Allergiker....so einfach ist das!

Meine anfängliche Begeisterung über dieses Thema, bzw. dessen "Überschrift" ist hat sich allerdings in Frust umgewandelt, denn die "Botschaft", die mit dieser "Fortbildung" vermittelt wird ist meines Erachtens: >> Nichts Gewisses weiß man nicht !!!<<
Die hier gegebenen Ratschläge dürften wohl eher mehr verunsichern denn eine "klare Linie" aufzeigen, und somit werden Nahrungsmittelallergien wohl auch weiterhin "Stiefkinder" bleiben.

>> Hier steh` ich nun ich armer Tor und bin so klug als wie zuvor <<
Uli