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lebensweisheiten bezueglich "essen" - Manu (Wien) - 10.08.2004

wieder was sehr wahres von dem mir sehr geschaetzten florian holzer, seines zeichens redakteur bei "der standard", der immer was kulinarisches in der feder hat...


10. August 2004
14:10 MESZ
Von
Florian Holzer


Weisheiten, die man vergessen kann
Noch zehn Sätze, die zwar zum Allgeimeingut an unhinterfragten Sinnsprüchen kulinarischer Natur gehören, deswegen aber nicht unbedingt stimmen

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Aufgrund der großen Begeisterung, mit der vorige Woche zum Thema „Im Magen kommt’s eh alles z’samm“ – meiner Ansicht nach der Spitzenreiter einer Hitliste an blöden Sprüchen und No-Na-Aussagen zum Thema Essen und Trinken – gepostet wurde, hier noch ein kleiner Nachschlag: Sätze, die man schon Tausende Male gehört und wahrscheinlich auch gar nicht so selten von sich gegeben hat; was man bei näherer Betrachtung in Zukunft aber auch bleiben lassen könnte, um etwa Richtigeres, Schlaueres oder Originelleres zu sagen:

„Der Gast ist König“
Nun, das kommt ganz darauf an, wer es sagt. Gibt es ein Gastgeber und Gastronom von sich, impliziert er damit einerseits Unterwerfung, Demut, Befehlsgehorsam – ein schlimmer Gedanke, wenn man nicht der sado-masochistischen Domina-Fraktion angehört. Fordert diesen Königs-Status allerdings ein Gast ein, weil, wer zahlt, schafft an, ist’s überhaupt ganz schlimm, klarer Fall für die Gruppentherapie. Dennoch wird sich der blöde Spruch wahrscheinlich nicht so bald in „Der Gast ist Partner“ oder so ähnlich ändern.

„Gegessen wird, was auf den Tisch kommt“
Okay, das hat in gewisser Weise etwas, nämlich den Gedanken, Verschwendung zu vermeiden. Nur sollte das eigentlich erstens gar kein Thema sein, denn wenn die Portion passt, stellt sich das Problem ja gar nicht. Und zweitens ist diesem Befehl natürlich dann sofort zu widersprechen, wenn das, was da auf den Tisch kam, der Menschenwürde, der Gesundheit und dem guten Geschmack widerspricht. Zweifellos findet und fand dieser Slogan eher in der Befehlskette von Eltern und Kindern ihre Verwendung, da in diesem Umfeld oft sehr unterschiedliche Meinungen herrschen, was gutes Essen ist und was schlechtes. Schlüssiger Argumentation, positiver Verstärkung oder anderen Errungenschaften moderner Erziehungslehre sollte da dennoch der Vorrang gegeben werden (das Ergebnis sind sonst „im-Magen-kommt’s-eh-alles-z’samm“-Menschen ...).

„Ich kann nur sagen, ob’s mir schmeckt oder nicht“
Das ist freilich für die Definition von Qualität auch ein sehr wichtiger Indikator, hat in der gemeinschaftlichen Diskussion darüber, wie gut eine Köchin/ein Koch, wie gelungen ein Essen, wie präzise gekeltert ein Wein ist, aber nichts zu suchen. Individualisierung ist der Tod jeder Debatte.

„Essen und Trinken hält Leib und Seele zusammen“
Das ist einer dieser berühmten Großonkel-Sätze, die so überhaupt gar nichts bedeuten, außer, dass jemandem am Tisch sonst nichts einfällt, und er/sie aber trotzdem zum Ausdruck bringen möchte, dass er/sie großen Spaß daran hat, Leib und Seele gerade ordentlich zusammenzuhalten. Reden wir doch lieber übers Wetter.

„Käse schließt den Magen“
Was der Mensch, der diesen Sager prägte, ursprünglich damit meinte, ist schwer herauszulesen. Weil irgendeine Wahrheit steckt da drinnen nicht, und es besteht der Verdacht, dass es sich um eben denselben Großonkel handelte, der auch schon den obigen Satz erfand, nur dass er damit sagen wollte, dass er jetzt eh schon bis oben angefressen ist und ein Stückchen Käse aber trotzdem noch gerne hätte. Die Käse-Industrie in Kulturkreisen, wo dieser Mumpitz zum Allgemeingut gehört (Österreich, Deutschland) sollte den Urheber ausfindig machen und klagen. Nur zur Verdeutlichung: In England wird der Käse im Laufe eines Menüs tatsächlich nach dem Dessert gereicht, aber das ist schließlich auch England! In Frankreich, das mir persönlich in Sachen Esskultur irgendwie wertiger erscheint, aber natürlich nie, immer vor dem Dessert.

„Hunger ist der beste Koch“
Nur bedingt. Wenn damit gesagt werden soll, dass man weniger über Geschmack und Qualität des Essens nachdenkt, wenn man großen Hunger hat, dann stimmt das zwar, rangiert aber auf der No-Na-Ebene, etwa vergleichbar mit „Am Morgen geht die Sonne auf, am Abend geht sie unter“. Meistens dient dieser Sager aber leider als Rechtfertigung für schlechtes Essen und impliziert gewissermaßen eine Schuldumkehr, also quasi: Wenn es dir nicht schmeckt, dann hast du halt einfach nicht genug Hunger. In dieser Situation über das Niveau von Zivilisation und Menschenwürde zu streiten, ist meist wenig zielführend und man isst dann halt das Angebrannte, Ranzige, Aufgeweichte, Verwürzte. Der Satz ist sinnmäßig übrigens ein naher Verwandter vom Magen-zusammen-Satz.

„Bordeaux ist halt Bordeaux“
Stellvertretend dafür, dass man einer bekannten Marke, einem Erzeuger oder einer Qualitätsstufe applaudieren will (auch oft zu hören: „Bründlmayer ist halt Bründlmayer“, „Gänseleber ist halt Gänseleber“, „das Schweizerhaus ist halt das Schweizerhaus“, „das Steirereck ist halt das Steirereck“ oder ähnliches). Grobe Verallgemeinerung und Eingeständnis dafür, dass einem sonst zum Thema nichts Schlaues einfällt. Leicht zu korrigieren, indem man in „das ist aber ein guter Bordeaux ...“ sagt, was die Welt zwar auch noch nicht besser macht, aber zumindest nicht so ein Blödsinn ist.

„Muscheln nur in Monaten mit R“
Wer in den anderen Monaten darauf verzichten will, okay, aber denen sei gesagt: Der Satz stammt aus den Zeiten, als die Kühlkette noch nicht erfunden war, beziehungsweise, als Kühlhäuser noch mit Eisblöcken temperiert werden mussten und daher ein Hort für Gesundheits gefährdende Keime waren. Wir haben jetzt allerdings schon Kühlschränke. Abgesehen davon, dass Austern, so las ich einmal in einem schönen Austernbuch, im September – einem „R“-Monat – Sex haben und ihre Qualität da nicht so toll ist.

„Die Weißwurst derf’s Zwölfeleitn net derleb’n“
Ja eh. Kühltechnik, siehe oben. Wer damit zum Ausdruck bringen will, dass er eine Ausrede braucht, schon vor zwölf Uhr Mittags Bier zu trinken, soll es einfach tun, aber nicht mit Ammenmärchen anrücken. Und zum Thema Weißwurst gäbe es tatsächlich so viel mehr zu sagen, eigenartigerweise beschränkt sich die Konversation über diese Brühwurst aber meist in genau diesem Satz.

„Für mich bitte nur einen Salat ohne Dressing und ein Glas Wasser“
Das kann ja ein heiterer Abend werden! Wer sich aus medizinischen Gründen gerade einer Null-Diät unterzieht, sollte vielleicht nicht unbedingt ins Restaurant gehen. Übrigens empfehle ich Nichtschwimmern auch, das tiefe Becken zu meiden.


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lebensweisheiten bezueglich "essen" - Lissy - 10.08.2004

... auf mich trifft letzterer Satz zu mit dem Salat ohne Dressing und dem Wasser. Schade, jetzt darf ich nicht mehr ins Restaurant Sad


lebensweisheiten bezueglich "essen" - Uli - 10.08.2004

auja.....
den ganzen netten Artikel macht er mit dem letzten Satz "zunichte" - schade!
Schade, dass er wohl von den Kümmernissen der NMA`ler keine Ahnung hat- denn er schickt uns ja quasi
in die Isolation : gerade das, was wir eigentlich nicht wollen sollen.........oder sollen wollen ( wie man`s nimmt) Und "medizinischer" Grund kann heißt ja auch, dass das kein Jux oder Tollerei ist -
sollen all`die "Kranken", die ein bissl "anders" sind, in ihren 4 Wänden bleiben und den Rest der Welt nicht daran erinnern, dass es auch ihn evtl. mal treffen kann?

Schade Sad
Und dabei hat er einen solch lockeren Stil- er könnt`s doch "den andren" locker rüberbringen....
Uli
*diesichnichtdavonabhaltenlästundzumstammtischinslokalgeht*