02.06.2006, 09:21
quelle: der Standard
01. Juni 2006
16:37 MESZ
Erster umfassender Allergiebericht
In Österreich leiden derzeit mehr als 1,6 Millionen Menschen an einer Allergie-Tendenz stark steigend
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Wien - "Rinnnasen", "Triefaugen", Hautausschläge und Asthma: "Allergien im weitesten Sinn sind ungeheuer weit verbreitet. Sie gehören zu den wirklichen Leiden der Menschen", so der Wiener Sozialmediziner Michael Kunze.
Hälfte der Österreicher betroffen
Ein Expertenteam um Thomas Dorner (Sozialmedizin) hat den ersten österreichischen Allergiebericht erstellt. Das Ergebnis: Rund 20 Prozent der Menschen sind von Krankheiten diesen Formenkreises betroffen. Mehr als die Hälfte aller Österreicher (50,8 Prozent) zeigt mindestens eine allergische Sensibilisierung gegenüber einem Allergen. Selbst bei Personen ohne Beschwerden zeigen 39,3 Prozent eine allergische Reaktion.
Ursachen
Die Ursachen für diese Zunahme sind in der gestiegenen Häufigkeit an Allergenen ebenso wie in der geringeren Stimulation des Immunsystems durch die verbesserte Hygiene zu finden.
Hauptbetroffene - Frauen und 30-Jährige
"Der Altersgipfel bei allergischen Erkrankungen liegt um das 30. Lebensjahr. Insgesamt leiden Frauen häufiger an Allergien als Männer. Im Kindesalter sind jedoch mehr Buben als Mädchen betroffen", weiß Thomas Dorner vom Institut für Sozialmedizin der Medizinischen Universität Wien.
Besser qualifiziert - häufiger Allergien
"Interessant ist die Tatsache, dass Menschen in höher qualifizierten Berufen stärker an Allergien leiden als Berufstätige in weniger qualifizierten Positionen. In hoch qualifizierten Berufen sind 30,7 Prozent der Männer und 37,1 Prozent der Frauen von Allergien betroffen. In Berufen, die keine Qualifikation verlangen, leiden 24,6 Prozent der Männer und 27,8 Prozent der Frauen an Allergien", so Dorner weiter.
Häufigste Allergene
Die häufigsten Allergene sind Gräserpollen, Hausstaubmilben, Katzen, Schimmelpilze und Birken. Bislang sind allein 4.000 unterschiedliche Kontaktallergene, wie Nickel oder Duftstoffe, bekannt.
Lebensqualiät sinkt
Allergien können die Lebensqualität stark beeinträchtigen. Je nach Allergie fühlen sich 43 bis 63 Prozent der Betroffenen durch ihre Krankheit sehr oder ziemlich beeinträchtigt. Allergisches Darmleiden wird als die größte Beeinträchtigung der Lebensqualität empfunden, gefolgt von Asthma und allergischer Rhinitis. Insgesamt fühlen sich bei allergischen Erkrankungen Frauen stärker beeinträchtigt als Männer.
Früherkennung
Heuschnupfen und Asthma bronchiale sind eng miteinander verbunden. Rund 80 Prozent der Asthmatiker leiden auch an Heuschnupfen. "Die Früherkennung einer allergischen Rhinitis kann wesentlich dazu beitragen, die Entwicklung von Asthma zu verhindern oder zumindest hinauszuzögern.", unterstreicht Wolfgang Pohl von der Österreichischen Gesellschaft für Pneumologie (ÖGP).
Bessere Kontrolle
Derzeit ist ungefähr einer von 250 Todesfällen auf Asthma zurückzuführen. Jedoch wären 40 bis 50 Prozent der Asthmatodesfälle zu vermeiden, wenn eine bessere Kontrolle und frühzeitige Therapie vorhanden wären, so Pohl. "Ein gut kontrollierter Asthmatiker kostet im Jahr 400 bis 500 Euro; ein schlecht kontrollierter 1.500 Euro", fasst Pohl zusammen.
Entwicklung in der Therapie
Wurden früher allergische Reaktionen vor allem mit Antihistaminika bekämpft, geht heute der Trend immer stärker zur Desensibilisierung. "Auf Grund der Verordnungszahlen der letzten Jahre wissen wir, dass von 2003 bis 2005 die Verordnung von Antihistaminika um 8,1 Prozent gesunken ist. Im gleichen Zeitraum stieg die Verordnung von Desensibilisierungsprodukten um 38 Prozent. Allerdings kommt eine Desensibilisierung nur dann in Frage, wenn noch ausreichend Zeit bis zur Pollensaison bleibt", berichtet Hartinger weiter.
Drei Säulen Therapie
Etwa ein Viertel aller Menschen in den Industrieländern leiden an Allergien der Atemwege wie allergischer Rhinitis und allergischem Asthma. Die häufigste Form der Atemwegsallergie wird durch Gräserpollen verursacht. Die Allergietherapie baut auf drei Säulen auf: Allergenvermeidung, symptomatisch wirkende Medikamente und die allergenspezifische Immuntherapie.
Symptomatische Medikamente
Es gibt zwar Methoden zur Reduzierung von Allergenen, eine vollständige Vermeidung der Allergene ist in der Regel aber schwer möglich. Zahlreiche Patienten verwenden daher symptomatische Medikamente wie zum Beispiel Antihistaminika oder Kortikosteroide. "Mit solchen Medikamenten lassen sich zwar die Symptome beherrschen, sie behandeln aber nicht die Krankheitsursache.
Immuntherapie
Werden Patienten über einen längeren Zeitraum nur symptomatisch behandelt, kann sich die Allergie zunehmend verschlechtern. Daher ist die Immuntherapie die einzige Therapieform, die bei allergischen Erkrankungen an der Ursache ansetzt", stellt Waltraud Emminger vom Allergie-Ambulatorium Rennweg klar.
Neue Therapie bei Gräserallergien
Mit einer neuen Therapieoption in Form einer Tablette ergeben sich für Allergiker viel versprechende Wege bei der Behandlung ihrer Krankheit. Diese Gräserallergentablette löst beim Patienten eine schützende Immunantwort aus und entwickelt eine Immuntoleranz.
Tablette während der Pollenzeit
"Untersuchungen haben gezeigt, dass die Gräsertablette Patienten mit Gräserpollen-induzierter Rhinokonjunktivitis eine Schutzwirkung bietet, die während der gesamten Gräserpollenflugsaison anhält. Durch die Tablette haben sich die Rhinokonjunktivitis-Symptome um 30 Prozent verringert und der Bedarf an Symptom lindernden Medikamenten konnte um 38 Prozent gesenkt werden", schildert Emminger.
Trend zur Komplementärmedizin
Derzeit wird fast ein Drittel der Allergie-Diagnosen nicht von einem Arzt durchgeführt. Dafür zeichnet sich ein deutlicher Trend bei der Behandlung von Allergien durch komplementärmedizinische Methoden ab: 32,5 Prozent der Allergiker wenden homöopathische Mittel an und 17,8 Prozent verwenden Heilsalben. (red)
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2006 derStandard.at - Alle Rechte vorbehalten.
Nutzung ausschließlich für den privaten Eigenbedarf. Eine Weiterverwendung und Reproduktion über den persönlichen Gebrauch hinaus ist nicht gestattet.
01. Juni 2006
16:37 MESZ
Erster umfassender Allergiebericht
In Österreich leiden derzeit mehr als 1,6 Millionen Menschen an einer Allergie-Tendenz stark steigend
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Wien - "Rinnnasen", "Triefaugen", Hautausschläge und Asthma: "Allergien im weitesten Sinn sind ungeheuer weit verbreitet. Sie gehören zu den wirklichen Leiden der Menschen", so der Wiener Sozialmediziner Michael Kunze.
Hälfte der Österreicher betroffen
Ein Expertenteam um Thomas Dorner (Sozialmedizin) hat den ersten österreichischen Allergiebericht erstellt. Das Ergebnis: Rund 20 Prozent der Menschen sind von Krankheiten diesen Formenkreises betroffen. Mehr als die Hälfte aller Österreicher (50,8 Prozent) zeigt mindestens eine allergische Sensibilisierung gegenüber einem Allergen. Selbst bei Personen ohne Beschwerden zeigen 39,3 Prozent eine allergische Reaktion.
Ursachen
Die Ursachen für diese Zunahme sind in der gestiegenen Häufigkeit an Allergenen ebenso wie in der geringeren Stimulation des Immunsystems durch die verbesserte Hygiene zu finden.
Hauptbetroffene - Frauen und 30-Jährige
"Der Altersgipfel bei allergischen Erkrankungen liegt um das 30. Lebensjahr. Insgesamt leiden Frauen häufiger an Allergien als Männer. Im Kindesalter sind jedoch mehr Buben als Mädchen betroffen", weiß Thomas Dorner vom Institut für Sozialmedizin der Medizinischen Universität Wien.
Besser qualifiziert - häufiger Allergien
"Interessant ist die Tatsache, dass Menschen in höher qualifizierten Berufen stärker an Allergien leiden als Berufstätige in weniger qualifizierten Positionen. In hoch qualifizierten Berufen sind 30,7 Prozent der Männer und 37,1 Prozent der Frauen von Allergien betroffen. In Berufen, die keine Qualifikation verlangen, leiden 24,6 Prozent der Männer und 27,8 Prozent der Frauen an Allergien", so Dorner weiter.
Häufigste Allergene
Die häufigsten Allergene sind Gräserpollen, Hausstaubmilben, Katzen, Schimmelpilze und Birken. Bislang sind allein 4.000 unterschiedliche Kontaktallergene, wie Nickel oder Duftstoffe, bekannt.
Lebensqualiät sinkt
Allergien können die Lebensqualität stark beeinträchtigen. Je nach Allergie fühlen sich 43 bis 63 Prozent der Betroffenen durch ihre Krankheit sehr oder ziemlich beeinträchtigt. Allergisches Darmleiden wird als die größte Beeinträchtigung der Lebensqualität empfunden, gefolgt von Asthma und allergischer Rhinitis. Insgesamt fühlen sich bei allergischen Erkrankungen Frauen stärker beeinträchtigt als Männer.
Früherkennung
Heuschnupfen und Asthma bronchiale sind eng miteinander verbunden. Rund 80 Prozent der Asthmatiker leiden auch an Heuschnupfen. "Die Früherkennung einer allergischen Rhinitis kann wesentlich dazu beitragen, die Entwicklung von Asthma zu verhindern oder zumindest hinauszuzögern.", unterstreicht Wolfgang Pohl von der Österreichischen Gesellschaft für Pneumologie (ÖGP).
Bessere Kontrolle
Derzeit ist ungefähr einer von 250 Todesfällen auf Asthma zurückzuführen. Jedoch wären 40 bis 50 Prozent der Asthmatodesfälle zu vermeiden, wenn eine bessere Kontrolle und frühzeitige Therapie vorhanden wären, so Pohl. "Ein gut kontrollierter Asthmatiker kostet im Jahr 400 bis 500 Euro; ein schlecht kontrollierter 1.500 Euro", fasst Pohl zusammen.
Entwicklung in der Therapie
Wurden früher allergische Reaktionen vor allem mit Antihistaminika bekämpft, geht heute der Trend immer stärker zur Desensibilisierung. "Auf Grund der Verordnungszahlen der letzten Jahre wissen wir, dass von 2003 bis 2005 die Verordnung von Antihistaminika um 8,1 Prozent gesunken ist. Im gleichen Zeitraum stieg die Verordnung von Desensibilisierungsprodukten um 38 Prozent. Allerdings kommt eine Desensibilisierung nur dann in Frage, wenn noch ausreichend Zeit bis zur Pollensaison bleibt", berichtet Hartinger weiter.
Drei Säulen Therapie
Etwa ein Viertel aller Menschen in den Industrieländern leiden an Allergien der Atemwege wie allergischer Rhinitis und allergischem Asthma. Die häufigste Form der Atemwegsallergie wird durch Gräserpollen verursacht. Die Allergietherapie baut auf drei Säulen auf: Allergenvermeidung, symptomatisch wirkende Medikamente und die allergenspezifische Immuntherapie.
Symptomatische Medikamente
Es gibt zwar Methoden zur Reduzierung von Allergenen, eine vollständige Vermeidung der Allergene ist in der Regel aber schwer möglich. Zahlreiche Patienten verwenden daher symptomatische Medikamente wie zum Beispiel Antihistaminika oder Kortikosteroide. "Mit solchen Medikamenten lassen sich zwar die Symptome beherrschen, sie behandeln aber nicht die Krankheitsursache.
Immuntherapie
Werden Patienten über einen längeren Zeitraum nur symptomatisch behandelt, kann sich die Allergie zunehmend verschlechtern. Daher ist die Immuntherapie die einzige Therapieform, die bei allergischen Erkrankungen an der Ursache ansetzt", stellt Waltraud Emminger vom Allergie-Ambulatorium Rennweg klar.
Neue Therapie bei Gräserallergien
Mit einer neuen Therapieoption in Form einer Tablette ergeben sich für Allergiker viel versprechende Wege bei der Behandlung ihrer Krankheit. Diese Gräserallergentablette löst beim Patienten eine schützende Immunantwort aus und entwickelt eine Immuntoleranz.
Tablette während der Pollenzeit
"Untersuchungen haben gezeigt, dass die Gräsertablette Patienten mit Gräserpollen-induzierter Rhinokonjunktivitis eine Schutzwirkung bietet, die während der gesamten Gräserpollenflugsaison anhält. Durch die Tablette haben sich die Rhinokonjunktivitis-Symptome um 30 Prozent verringert und der Bedarf an Symptom lindernden Medikamenten konnte um 38 Prozent gesenkt werden", schildert Emminger.
Trend zur Komplementärmedizin
Derzeit wird fast ein Drittel der Allergie-Diagnosen nicht von einem Arzt durchgeführt. Dafür zeichnet sich ein deutlicher Trend bei der Behandlung von Allergien durch komplementärmedizinische Methoden ab: 32,5 Prozent der Allergiker wenden homöopathische Mittel an und 17,8 Prozent verwenden Heilsalben. (red)
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Wenn du dich über andere Mitmenschen ärgerst, dann sage dir "sie sind nur zu meiner Unterhaltung da"...