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Morbus Crohn & Milch
#1
aus: EU.L.E.n-Spiegel 4-03

Morbus Crohn durch Mykobakterien

von Manfred Stein

(Dr. Manfred Stein ist Tiermediziner und betreibt das Internetportal http://www.animal-health-online.de.)

Sind Mykobakterien aus Wiederkäuern für die Morbus-Crohn-Erkrankung des Menschen verantwortlich? Bereits Ende 1998 wies der Eu.L.E.n-Spiegel auf diesen unheimlichen Verdacht hin (vgl. Eu.L.E.n-Spiegel 1998/H.7). Seither wurde er in der Fachliteratur mit einer Vielzahl von Fakten untermauert. Die Beweislage ist inzwischen so erdrückend, dass Konsequenzen angebracht scheinen.

Im August 1998 titelte die englische Daily Mail: „Erreger von Morbus Crohn in Milch gefunden.” Untersuchungen des britischen Ministeriums für Landwirtschaft hatten in zehn von 31 Rohmilchproben und in sechs von 31 Proben pasteurisierter Milch Mycobacterium paratuberculosis (MAP) nachgewiesen. (...) Die britische Regierung hat sich dazu entschlossen, die Milch landesweit überprüfen zu lassen.78

Genetik ist nicht alles

Eine Reihe von Untersuchungen belegt, dass neben einer genetischen Disposition auch ein Umweltfaktor für das Auftreten von Morbus Crohn verantwortlich sein muss. So beobachtete man, dass Migranten, die aus einer Umgebung mit geringer in eine Region mit hoher Morbus-Crohn-Prävalenz umsiedelten, mit gleicher Häufigkeit erkrankten wie die alteingesessene Bevölkerung.17-19 Im Jahre 1996 belegte eine Studie im Canadian Journal of Gastroenterology, dass sich Gebiete mit hoher Paratuberkulose-Häufigkeit mit solchen decken, die eine hohe Prävalenz von Morbus Crohn aufweisen.23 Der Autor deutet dies als weiteres Indiz dafür, dass MAP bei der Entstehung der menschlichen Darmerkrankung eine Rolle spielt. (...) Eine weitere Veröffentlichung aus dem Jahre 1993 berichtet über zwei französische Familien mit einer ungewöhnlichen Häufung von Morbus Crohn. In der ersten Familie waren Vater, Mutter und vier Kinder, in der zweiten Familie sieben von elf Kindern erkrankt. Die Autoren kommen zu dem Schluss, dass zusätzlich zur genetischen Disposition ein infektiöser Mikroorganismus für diese Erkrankungen verantwortlich sein muss.90 Obwohl schon zu Beginn des 20. Jahrhunderts ein erster Verdacht geäußert wurde, ließ erst eine Veröffentlichung im Jahre 1989 in der Fachzeitschrift Clinical Microbiology Reviews die Fachwelt aufhorchen.26 Der Autor liefert in einer umfassenden Arbeit mit mehr als 300 Literaturquellen Belege für einen Zusammenhang zwischen MAP und Morbus Crohn.

Durchwachsene Laborbefunde

Mittlerweile konnte der Subtyp des Bakteriums, der bei Rindern vorkommt, auch bei Morbus-Crohn-Patienten eindeutig identifiziert werden.31,35,36,93,128 Selbst aus der Muttermilch von Patientinnen wurde MAP isoliert.93 (...) Eingesetzt wurden auf Antikörper- bzw. DNA-Nachweis beruhende Verfahren wie ELISA-Tests, Westernblot und Polymerase-Kettenreaktion sowie mikrobiologische Kultivierungstechniken. Die Ergebnisse sind insgesamt sehr heterogen. (...) Es wird betont, dass MAP ein schwer zu kultivierender Erreger ist und dass sich etwa der ELISA-Test nicht zum Nachweis von MAP eignet.79,62 Insbesondere bei chronischen Erkrankungen durch Mykobakterien und in bestimmten Erkrankungsphasen finden sich oft keine Antikörper.26 Das Problem beim labordiagnostischen Nachweis von MAP erklärt möglicherweise, warum so lange kein Zusammenhang zwischen Morbus Crohn und MAP hergestellt wurde.
Weitere Untersuchungen haben sich mit der Wirksamkeit von Antibiotika beschäftigt. Es wurden sowohl deutliche Erfolge81,82,84,89 als auch Misserfolge53 verzeichnet. (...) Offensichtlich ist es notwendig, mehrere Antibiotika zu kombinieren, um der unterschiedlichen Resistenzlage und einer Resistenzentwicklung im Zuge der Therapie zu begegnen.46 Im Februar 1998 berichtete das British Medical Journal über die Krankheitsgeschichte eines Jugendlichen, in dessen Halslymphknoten MAP nachgewiesen worden war. Fünf Jahre später erkrankte er an Morbus Crohn. Die Erkrankung konnte durch entsprechende Antibiotika geheilt werden.

Die Milch macht´s

Eine japanische Studie aus dem Jahre 1996 belegt, dass die Häufigkeit von Morbus Crohn positiv mit dem Verzehr von tierischem Protein – insbesondere Milchprotein – korreliert. Auf Fischprotein trifft diese Beobachtung nicht zu.24 Menschen, die im Säuglingsalter gestillt bzw. kaum über Flaschennahrung ernährt wurden, sind unter Crohn-Patienten deutlich unterrepräsentiert.48,49
Eine spanische Untersuchung zeigt, dass Morbus Crohn häufig zwischen Juni und August diagnostiziert wird.86 Hingegen erleiden Erkrankte oft im Herbst und im Winter einen Rückfall oder einen akuten Schub.44 (...) Im Jahr 1996 belegte eine britische Studie, dass MAP sowohl in Rohmilch als auch in pasteurisierter Handelsware enthalten ist.25 In dieser Untersuchung wurden insbesondere von Januar bis März und von September bis November häufiger Mykobakterien in Milch-proben gefunden als in den anderen Monaten.
Eine Vielzahl von Untersuchungen belegt, dass das bei Rindern und in Milch gefundene Mykobakterium so hitzeresistent ist, dass es eine Pasteurisierung bei 71 Grad Celsius und 15 Sekunden Einwirkdauer in der Molkerei infektionsfähig überlebt25,28-30,32-34, 37,106,111
und daher in pasteurisierten Verkaufsmilchen nachweisbar ist112. (...)
Nach Sung und Collins scheidet eine an Paratuberkulose erkrankte Kuh 100 Millionen Mykobakterien pro Gramm Kot aus.37 Ihren Untersuchungen zufolge sind sehr häufig mehr als zehn Keime in einem Milliliter Milch enthalten, sodass die übliche Erhitzungsdauer von 15 Sekunden nicht ausreicht und die Keimzahl lediglich reduziert. (...) In Australien gelang es sogar, MAP aus Milch anzuzüchten, die für 15 Sekunden auf 82 Grad Celsius erhitzt worden war.34 (...) Vor diesem Hintergrund erscheinen Rohmilch und Rohmilchkäse von Rindern, Schafen und Ziegen, die von Einzelbetrieben vermarktet werden, als besonders risikobehaftet.113 Hier können unter Umständen große Mengen MAP direkt an den Verbraucher gehen, da der Verdünnungseffekt und das Pasteurisieren durch die Molkerei entfällt.
MAP überlebt 28 Tage in Emmentaler-, 45 Tage in Tilsiter- und 60 Tage in Frischkäse.94 Wissenschaftler der Forschungsanstalt für Milchwirtschaft der Schweiz konnten MAP selbst nach 120 Tagen aus Emmentaler-und Tilsiter-Rohmilchkäse isolieren.95 Tschechischen Wissenschaftlern ist es gelungen, MAP aus Gemüse wie Salat, Rettich, Tomaten zu isolieren, welches auf experimentell mit MAP infizierten Böden gezogen wurde. Die Ergebnisse bestätigen einen Infektionsweg über Gülle und Mist, die als Dünger im Pflanzenbau genutzt werden.124

Quelle:
http://www.das-eule.de/eulenspiegel403_m...crohn.html

(Fortsetzung siehe übernächster Beitrag)
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Morbus Crohn & Milch - von Lena - 22.07.2006, 17:51
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