22.07.2006, 17:59
(Fortsetzung des ersten Beitrags)
Handeln statt zögern
Die Belege für einen Zusammenhang zwischen Morbus Crohn und MAP sind vielfältig und werden seit etwa 18 Jahren kontrovers diskutiert.83 (...) Anlässlich des 2. Leipziger Tierärztekongresses im Januar 2002 räumte eine Vertreterin des Bundesinstitutes für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin ein, dass Morbus Crohn möglicher-weise Folge einer Infektion ist und der Krankheitsprozess durch MAP mitverursacht oder aufrechterhalten wird.110
Für andere Experten ist der Zusammenhang zwischen MAP und Morbus Crohn seit Jahren gesichert. Anlässlich einer Konferenz bewertete John Hermon-Taylor vom St. George’s Hospital Medical Center in London deshalb die anhaltende Verbreitung von Paratuberkulose-Erregern mit der Milch als „ein Problem für die öffentliche Gesundheit von tragischem Ausmaß”. Er mahnte wiederholt die notwendigen Maßnahmen an, um die Konsumenten zu schützen.118
Wollte man angesichts der bestehenden Datenlage zu MAP auch nur annähernd vergleichbare Sicherheitsstandards einhalten, wie sie etwa bei BSE, gen-technisch veränderten Organismen oder im Umgang mit Tierarzneimitteln oder Pestizidrückständen praktiziert werden, dann wäre rasches Handeln angezeigt. (...) Nötig sind Stichproben in Wiederkäuer haltenden Betrieben, in Molkereien und der Milch verarbeitenden Industrie, bei Milch, Käse, Butter, Joghurt, Babynahrung und anderen Produkten. Mittelfristig ist eine staatliche Bekämpfung des Erregers unumgänglich. Die Paratuberkulose darf dabei nicht als alleiniges „Rinderproblem” angesehen werden, da auch Schafe, Ziegen und viele Wildtiere den Erreger tragen sowie verbreiten können. Ebenso könnte MAP über mit Fäkalien gedüngtes Gemüse verbreitet werden.94,124
(...) Rohmilch und Rohmilchkäse sind unbedingt als solche zu kennzeichnen, da hier mit den höchsten Keimgehalten zu rechnen ist. (...)
Morbus Crohn
Erstmals wurde Morbus Crohn 1932 als Krankheitsbild beschrieben.3 Während in Deutschland schätzungsweise 170.000 Menschen an der entzündlichen Veränderung des Verdauungstraktes leiden94, sind es in den USA zwischen 400.000 und einer Million. Jährlich kommen dort 20.000 Neuerkrankungen hinzu. Da Morbus Crohn familiär gehäuft auftritt, ist eine erbliche Veranlagung anzunehmen. Die Erkrankung bricht meist zwischen dem 15. und dem 40. Lebensjahr aus. Bislang war Morbus Crohn eine Erkrankung der weißen Bevölkerung Nordeuropas und Nordamerikas. Doch in neuerer Zeit wird die Erkrankung auch in solchen Regionen der Welt beobachtet, in denen sie früher eher selten vorkam.39,40 Bei Inuit und Indianern ist Morbus Crohn nach wie vor unbekannt.
Die Entzündung kann sich vom Mund bis zum Anus erstrecken, sie verläuft in Schüben und spielt sich bevorzugt am Übergang von Dünndarm zu Dickdarm ab. Typisch ist die Ausbildung von Fisteln (...) : Die Entzündung nagt sich in winzigen Kanälen durch die Darm-wand und greift auf benachbarte Darmschlingen, Gewebe oder die Bauchhöhle über. So entstehen Verklebungen und Konglomerate von entzündlichem Gewebe, die Probleme und Komplikationen bis hin zu Verengungen oder gar Darmverschluss verursachen können. Auch Fistelbildungen zur Scheide, zur äußeren Afterregion oder zur Blase sind nicht selten.
Massive Lebensbeeinträchtigung
In den meisten Fällen ist der Verlauf chronisch-fortschreitend mit wechselhaftem Bild je nach Lokalisation der entzündlichen Veränderungen. Während der Schübe verstärken sich die Beschwerden. Je nach Krankheitsform treten entweder nur uncharakteristische Symptome wie Abgeschlagenheit, leichte Bauchschmerzen, leichter Durchfall oder breiiger Stuhl auf, sie können aber auch schubartig ganz akut und massiv sein. Typisch sind in die-sen Fällen krampfartige Schmerzen (meist im rechten Unterbauch) und Durchfälle zwischen 3- bis 5-, aber auch bis zu 20mal pro Tag. (...) Gelegentlich wird Verstopfung beobachtet. Typische Symptome wie Bauchschmerzen und Diarrhöe, die auf eine chronische Darmerkrankung hinweisen, können im Einzelfall fehlen. Die Patienten beklagen dann Gewichtsverlust, Appetitlosigkeit und Müdigkeit.119
Neben der intestinalen Manifestation kann es schubabhängig zu Krankheitserscheinungen kommen wie Entzündungen von Regenbogen-, Binde- und mittlerer Augenhaut (Iritis, Conjunktivitis, Uveitis), geschwürigen Hautveränderungen (Aphten, Erythema nodosum, Pyoderma gangraenosum) und Gelenkentzündungen (Arthritiden). Schubunabhängig werden Kreuz-Darmbein-Entzündungen (Sakroiliitis), Nierensteine, Entzündungen von Knochen und Knochenmark (Spondylitis), Leberzirrhose und verschiedene Gallengangsentzündungen (sklerosierende Cholangitis, Pericholangitis) beschrieben.4-11 Die Erkrankung ist für die Betroffenen extrem belastend und mindert ihre Lebensqualität erheblich. Darüber hinaus erhöht sich ihr Darmkrebsrisiko.85,127 Die Morbus-Crohn-Mortalität liegt bei sechs Prozent.12,13
Effektiver Behandlungsansatz
Zur Therapie werden Cortisonpräparate und Antiphlogistika (Entzündungshemmer) eingesetzt45, dazu Spasmolytika (Krampflöser) und Präparate zur akuten Durchfallbehandlung. Eine chirurgische Entfernung von Darmabschnitten kommt immer nur als letzte Möglichkeit in Betracht (...) . Die Rückfallhäufigkeit nach chirurgischer Therapie liegt bei etwa 40 Prozent. In den letzten Jahren erwiesen sich bestimmte Antibiotika als wirksam.27,45 Während einer Therapie mit Rifabutin und Clarithromycin über durchschnittlich 8,5 Monate verschwanden die Krankheitssymptome bei 27 von 42 Patienten, bei drei weiteren zeigte sich eine deutliche Besserung, fünf sprachen nicht auf die Behandlung an.96 (...) Sieben Patienten vertrugen die Therapie nicht und brachen sie vorzeitig ab. (...)
Allerdings ist selbst nach erfolgreicher Therapie die Gefahr von Reinfektionen hoch, da MAP weit verbreitet ist. (...)
Ausufernde Kosten
In den USA werden die jährlichen Aufwendungen für einen Crohn-Patienten mit bis zu 37.135 US-Dollar veranschlagt.100 Bei einer Auswertung von Patientendaten an der Ambulanz für chronisch entzündliche Darmerkrankungen (CED) der Universität Ulm wurden die durchschnittlichen krankheitsbezogenen Kosten für einen Crohn-Patienten auf rund 20.000 Euro pro Jahr geschätzt. Dabei entfallen etwa 69 Prozent auf indirekte Kosten wie Produktivitätsverluste aufgrund von Arbeitsausfällen. Direkte medizinische Kosten sind für 27 Prozent und direkte nicht-medizinische Kosten (zum Beispiel Fahrtkosten) für vier Prozent der entstehenden Kosten verantwortlich. (...)
Quelle:
http://www.das-eule.de/eulenspiegel403_m...crohn.html
(Fortsetzung siehe nächster Beitrag)
Handeln statt zögern
Die Belege für einen Zusammenhang zwischen Morbus Crohn und MAP sind vielfältig und werden seit etwa 18 Jahren kontrovers diskutiert.83 (...) Anlässlich des 2. Leipziger Tierärztekongresses im Januar 2002 räumte eine Vertreterin des Bundesinstitutes für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin ein, dass Morbus Crohn möglicher-weise Folge einer Infektion ist und der Krankheitsprozess durch MAP mitverursacht oder aufrechterhalten wird.110
Für andere Experten ist der Zusammenhang zwischen MAP und Morbus Crohn seit Jahren gesichert. Anlässlich einer Konferenz bewertete John Hermon-Taylor vom St. George’s Hospital Medical Center in London deshalb die anhaltende Verbreitung von Paratuberkulose-Erregern mit der Milch als „ein Problem für die öffentliche Gesundheit von tragischem Ausmaß”. Er mahnte wiederholt die notwendigen Maßnahmen an, um die Konsumenten zu schützen.118
Wollte man angesichts der bestehenden Datenlage zu MAP auch nur annähernd vergleichbare Sicherheitsstandards einhalten, wie sie etwa bei BSE, gen-technisch veränderten Organismen oder im Umgang mit Tierarzneimitteln oder Pestizidrückständen praktiziert werden, dann wäre rasches Handeln angezeigt. (...) Nötig sind Stichproben in Wiederkäuer haltenden Betrieben, in Molkereien und der Milch verarbeitenden Industrie, bei Milch, Käse, Butter, Joghurt, Babynahrung und anderen Produkten. Mittelfristig ist eine staatliche Bekämpfung des Erregers unumgänglich. Die Paratuberkulose darf dabei nicht als alleiniges „Rinderproblem” angesehen werden, da auch Schafe, Ziegen und viele Wildtiere den Erreger tragen sowie verbreiten können. Ebenso könnte MAP über mit Fäkalien gedüngtes Gemüse verbreitet werden.94,124
(...) Rohmilch und Rohmilchkäse sind unbedingt als solche zu kennzeichnen, da hier mit den höchsten Keimgehalten zu rechnen ist. (...)
Morbus Crohn
Erstmals wurde Morbus Crohn 1932 als Krankheitsbild beschrieben.3 Während in Deutschland schätzungsweise 170.000 Menschen an der entzündlichen Veränderung des Verdauungstraktes leiden94, sind es in den USA zwischen 400.000 und einer Million. Jährlich kommen dort 20.000 Neuerkrankungen hinzu. Da Morbus Crohn familiär gehäuft auftritt, ist eine erbliche Veranlagung anzunehmen. Die Erkrankung bricht meist zwischen dem 15. und dem 40. Lebensjahr aus. Bislang war Morbus Crohn eine Erkrankung der weißen Bevölkerung Nordeuropas und Nordamerikas. Doch in neuerer Zeit wird die Erkrankung auch in solchen Regionen der Welt beobachtet, in denen sie früher eher selten vorkam.39,40 Bei Inuit und Indianern ist Morbus Crohn nach wie vor unbekannt.
Die Entzündung kann sich vom Mund bis zum Anus erstrecken, sie verläuft in Schüben und spielt sich bevorzugt am Übergang von Dünndarm zu Dickdarm ab. Typisch ist die Ausbildung von Fisteln (...) : Die Entzündung nagt sich in winzigen Kanälen durch die Darm-wand und greift auf benachbarte Darmschlingen, Gewebe oder die Bauchhöhle über. So entstehen Verklebungen und Konglomerate von entzündlichem Gewebe, die Probleme und Komplikationen bis hin zu Verengungen oder gar Darmverschluss verursachen können. Auch Fistelbildungen zur Scheide, zur äußeren Afterregion oder zur Blase sind nicht selten.
Massive Lebensbeeinträchtigung
In den meisten Fällen ist der Verlauf chronisch-fortschreitend mit wechselhaftem Bild je nach Lokalisation der entzündlichen Veränderungen. Während der Schübe verstärken sich die Beschwerden. Je nach Krankheitsform treten entweder nur uncharakteristische Symptome wie Abgeschlagenheit, leichte Bauchschmerzen, leichter Durchfall oder breiiger Stuhl auf, sie können aber auch schubartig ganz akut und massiv sein. Typisch sind in die-sen Fällen krampfartige Schmerzen (meist im rechten Unterbauch) und Durchfälle zwischen 3- bis 5-, aber auch bis zu 20mal pro Tag. (...) Gelegentlich wird Verstopfung beobachtet. Typische Symptome wie Bauchschmerzen und Diarrhöe, die auf eine chronische Darmerkrankung hinweisen, können im Einzelfall fehlen. Die Patienten beklagen dann Gewichtsverlust, Appetitlosigkeit und Müdigkeit.119
Neben der intestinalen Manifestation kann es schubabhängig zu Krankheitserscheinungen kommen wie Entzündungen von Regenbogen-, Binde- und mittlerer Augenhaut (Iritis, Conjunktivitis, Uveitis), geschwürigen Hautveränderungen (Aphten, Erythema nodosum, Pyoderma gangraenosum) und Gelenkentzündungen (Arthritiden). Schubunabhängig werden Kreuz-Darmbein-Entzündungen (Sakroiliitis), Nierensteine, Entzündungen von Knochen und Knochenmark (Spondylitis), Leberzirrhose und verschiedene Gallengangsentzündungen (sklerosierende Cholangitis, Pericholangitis) beschrieben.4-11 Die Erkrankung ist für die Betroffenen extrem belastend und mindert ihre Lebensqualität erheblich. Darüber hinaus erhöht sich ihr Darmkrebsrisiko.85,127 Die Morbus-Crohn-Mortalität liegt bei sechs Prozent.12,13
Effektiver Behandlungsansatz
Zur Therapie werden Cortisonpräparate und Antiphlogistika (Entzündungshemmer) eingesetzt45, dazu Spasmolytika (Krampflöser) und Präparate zur akuten Durchfallbehandlung. Eine chirurgische Entfernung von Darmabschnitten kommt immer nur als letzte Möglichkeit in Betracht (...) . Die Rückfallhäufigkeit nach chirurgischer Therapie liegt bei etwa 40 Prozent. In den letzten Jahren erwiesen sich bestimmte Antibiotika als wirksam.27,45 Während einer Therapie mit Rifabutin und Clarithromycin über durchschnittlich 8,5 Monate verschwanden die Krankheitssymptome bei 27 von 42 Patienten, bei drei weiteren zeigte sich eine deutliche Besserung, fünf sprachen nicht auf die Behandlung an.96 (...) Sieben Patienten vertrugen die Therapie nicht und brachen sie vorzeitig ab. (...)
Allerdings ist selbst nach erfolgreicher Therapie die Gefahr von Reinfektionen hoch, da MAP weit verbreitet ist. (...)
Ausufernde Kosten
In den USA werden die jährlichen Aufwendungen für einen Crohn-Patienten mit bis zu 37.135 US-Dollar veranschlagt.100 Bei einer Auswertung von Patientendaten an der Ambulanz für chronisch entzündliche Darmerkrankungen (CED) der Universität Ulm wurden die durchschnittlichen krankheitsbezogenen Kosten für einen Crohn-Patienten auf rund 20.000 Euro pro Jahr geschätzt. Dabei entfallen etwa 69 Prozent auf indirekte Kosten wie Produktivitätsverluste aufgrund von Arbeitsausfällen. Direkte medizinische Kosten sind für 27 Prozent und direkte nicht-medizinische Kosten (zum Beispiel Fahrtkosten) für vier Prozent der entstehenden Kosten verantwortlich. (...)
Quelle:
http://www.das-eule.de/eulenspiegel403_m...crohn.html
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