23.10.2004, 21:54
Rapsodie in Öl
Biodiesel vom Acker ist nachhaltiger Unfug
Von Hans Schuh
Deutsche Bauern haben doppelten Grund zur Freude: eine Rekordernte beim Raps von fünf Millionen Tonnen, 45 Prozent mehr als im Vorjahr. Und nicht nur Gesundheitsbewusste, die Salat mit Rapsöl anrichten, fördern die Nachfrage, auch die hohen Erdölpreise sorgen für Sog. Wertvolles Pflanzenöl wird zum Treibstoff. Vom »Biodiesel Flower Power« schwärmt die Union zur Förderung von Oel- und Proteinpflanzen, eine Bauernlobby. Auch Verbraucherministerin Renate Künast preist die Zukunft der Bioenergie-Bauern: Sie könnten die »Ölscheichs von morgen« werden, den Anbau nachwachsender Rohstoffe von 830000 auf zwei Millionen Hektar ausdehnen. Das klingt gut: Verwandelt Brachen in blühende Rapsfelder! Da könnten Bienen Honig saugen, Ackerscheichs und Autofahrer ebenfalls. Flower-Power statt Jammergau.
Doch die gelben Blütenmeere sind ökologische Einöden, mit Pestiziden und Dünger auf hohen Ertrag getrimmt. Und damit eine Bedrohung für bodenbrütende Vögel. Wer Lebensraum von Ammern, Kiebitzen, Lerchen oder Rebhühnern vernichten will, der verwandele Brachen in großflächige Intensivkulturen zur Dieselproduktion. Der eingesetzte Stickstoffdünger fördert das Versauern von Böden und die Überdüngung von Gewässern. Aus ihm entsteht auch ein Treibhausgas (das Stickoxid N2O, vulgo »Lachgas«), das 310fach stärker wirkt als Kohlendioxid (CO2). Das verhagelt die Klimabilanz des Biodiesels, der zudem mehr ozonfördernde Abgase produziert als üblicher Diesel.
Da das Öl nur ein Drittel der Energie in der ganzen Rapspflanze nutzt, ist auch die Energiebilanz schwach. Andere nachwachsende Rohstoffe wie Holz liefern fünfmal so viel Energie pro Hektar. Daher sind Bioalkohole (Ethanol oder Methanol, »Holzgeist«) viel billiger als Biodiesel. »Rapsölscheichs« benötigen hohe Steuervorteile für ihren Treibstoff, den überwiegend Spediteure kaufen. Diese Großabnehmer sparen, staatlich subventioniert, mit Biodiesel mehr als 2000 Euro pro 100000 Lastwagenkilometer.
So fördert Biodiesel Schwerlastverkehr und landwirtschaftlich Masse statt Klasse. Nicht nur Hippies hatten sich unter Flower-Power anderes vorgestellt.
© DIE ZEIT 09.09.2004 Nr.38
Der gereizte Darm...
Ein gereizter Darm plagt bis zu 20 Prozent der Erwachsenen in Deutschland. Die Betroffenen klagen über einen prall gespannten Bauch, über Krämpfe nach dem Essen und grippeähnliche Symptome. Eine eindeutige Ursache für das so genannte Reizdarmsyndrom wurde bisher nicht entdeckt, unter Ärzten gilt das Leiden daher oft als körperlicher Ausdruck einer Neurose. Henry Lin, Gastroenterologe an der University of Southern California, glaubt dagegen, dass eine bakterielle Fehlbesiedelung für die Beschwerden verantwortlich ist (Journal of the American Medical Association; Bd. 292, S. 852). Demnach überwuchern Bakterien aus dem Dickdarm die Schleimhaut des Dünndarms und verursachen dort Entzündungsreaktionen. In bis zu 75 Prozent aller Fälle, schreibt Lin, hätten Antibiotika-Kuren die Schmerzen erheblich gebessert.
© DIE ZEIT 09.09.2004 Nr.38
( JETZT WENN SIE NOCH HINGESCHRIEBEN HÄTTEN, W A S DEN DARM SO ÜBERWUCHERN LÄSST, DANN WÄRE ICH ZUFRIEDEN !....SO ABER : NIX NEUES!!!)
GENTECHNIK
Es grünt so grün
Das neue Gentechnikgesetz soll die Koexistenz von Ökologie und Biotechnik sichern - es wird das Gegenteil bewirken
Von Hans Schuh unnd Andreas Sentker
Komm ins Beet! Mit diesem Aufruf warb das Max-Planck-Institut für Molekulare Pflanzenphysiologie (MPI-MP) um Besucher. Und sie kamen. Von Mai bis September folgten 1200 Gäste der Einladung zu Feldführungen im Potsdamer Ortsteil Golm. In Brandenburgs größtem Wissenschaftspark konnte sich jeder nach vorheriger Anmeldung über Wissenswertes beim Anbau von Kulturpflanzen informieren. Zum Beispiel über neuartige Kartoffeln, die mit Hilfe der Gentechnik besser »atmen« können. Denn Kartoffeln leisten bei der Sauerstoffaufnahme in ihren Knollen Schwerarbeit. Andere Pflanzen dagegen, etwa Klee, steigern die Sauerstoffversorgung ihrer Wurzeln mit Hilfe eines bestimmten Gens. Und dieses Gen haben die Golmer Forscher den Kartoffeln eingepflanzt.
www.zeit.de/2004/39/Gentechnik
Billige Stimmungsmache«
Verbraucherschutzministerin Renate Künast wehrt sich gegen die Kritik am neuen Gentechnikgesetz. Die verbissene Debatte werde der Forschung in Deutschland schaden. Ein Gespräch
DIE ZEIT: Trotz massiver Kritik der EU, der Opposition, der Wirtschaft und Wissenschaft ziehen Sie das neue Gentechnikgesetz nun nahezu unverändert durch. Warum?
Renate Künast: Es gibt keine massive Kritik vonseiten der EU. Brüsseler Beamte stellen nur die bei einem solchen Notifizierungsverfahren üblichen Fragen. Die Opposition betreibt hier wie in fast allen Bereichen Fundamentalopposition und Blockadepolitik. Wir brauchen aber dringend eine funktionierende Regelung. Denn die EU hat ihr Moratorium zur grünen Gentechnik beendet. Gentechnisch veränderter Mais kann jetzt frei verkauft und angebaut werden. Also müssen wir jetzt sicherstellen, dass es auch in Zukunft gentechnikfreie Landwirtschaft gibt.
www.zeit.de/2004/39/K_9fnast_Gespr_8ach
Biodiesel vom Acker ist nachhaltiger Unfug
Von Hans Schuh
Deutsche Bauern haben doppelten Grund zur Freude: eine Rekordernte beim Raps von fünf Millionen Tonnen, 45 Prozent mehr als im Vorjahr. Und nicht nur Gesundheitsbewusste, die Salat mit Rapsöl anrichten, fördern die Nachfrage, auch die hohen Erdölpreise sorgen für Sog. Wertvolles Pflanzenöl wird zum Treibstoff. Vom »Biodiesel Flower Power« schwärmt die Union zur Förderung von Oel- und Proteinpflanzen, eine Bauernlobby. Auch Verbraucherministerin Renate Künast preist die Zukunft der Bioenergie-Bauern: Sie könnten die »Ölscheichs von morgen« werden, den Anbau nachwachsender Rohstoffe von 830000 auf zwei Millionen Hektar ausdehnen. Das klingt gut: Verwandelt Brachen in blühende Rapsfelder! Da könnten Bienen Honig saugen, Ackerscheichs und Autofahrer ebenfalls. Flower-Power statt Jammergau.
Doch die gelben Blütenmeere sind ökologische Einöden, mit Pestiziden und Dünger auf hohen Ertrag getrimmt. Und damit eine Bedrohung für bodenbrütende Vögel. Wer Lebensraum von Ammern, Kiebitzen, Lerchen oder Rebhühnern vernichten will, der verwandele Brachen in großflächige Intensivkulturen zur Dieselproduktion. Der eingesetzte Stickstoffdünger fördert das Versauern von Böden und die Überdüngung von Gewässern. Aus ihm entsteht auch ein Treibhausgas (das Stickoxid N2O, vulgo »Lachgas«), das 310fach stärker wirkt als Kohlendioxid (CO2). Das verhagelt die Klimabilanz des Biodiesels, der zudem mehr ozonfördernde Abgase produziert als üblicher Diesel.
Da das Öl nur ein Drittel der Energie in der ganzen Rapspflanze nutzt, ist auch die Energiebilanz schwach. Andere nachwachsende Rohstoffe wie Holz liefern fünfmal so viel Energie pro Hektar. Daher sind Bioalkohole (Ethanol oder Methanol, »Holzgeist«) viel billiger als Biodiesel. »Rapsölscheichs« benötigen hohe Steuervorteile für ihren Treibstoff, den überwiegend Spediteure kaufen. Diese Großabnehmer sparen, staatlich subventioniert, mit Biodiesel mehr als 2000 Euro pro 100000 Lastwagenkilometer.
So fördert Biodiesel Schwerlastverkehr und landwirtschaftlich Masse statt Klasse. Nicht nur Hippies hatten sich unter Flower-Power anderes vorgestellt.
© DIE ZEIT 09.09.2004 Nr.38
Der gereizte Darm...
Ein gereizter Darm plagt bis zu 20 Prozent der Erwachsenen in Deutschland. Die Betroffenen klagen über einen prall gespannten Bauch, über Krämpfe nach dem Essen und grippeähnliche Symptome. Eine eindeutige Ursache für das so genannte Reizdarmsyndrom wurde bisher nicht entdeckt, unter Ärzten gilt das Leiden daher oft als körperlicher Ausdruck einer Neurose. Henry Lin, Gastroenterologe an der University of Southern California, glaubt dagegen, dass eine bakterielle Fehlbesiedelung für die Beschwerden verantwortlich ist (Journal of the American Medical Association; Bd. 292, S. 852). Demnach überwuchern Bakterien aus dem Dickdarm die Schleimhaut des Dünndarms und verursachen dort Entzündungsreaktionen. In bis zu 75 Prozent aller Fälle, schreibt Lin, hätten Antibiotika-Kuren die Schmerzen erheblich gebessert.
© DIE ZEIT 09.09.2004 Nr.38
( JETZT WENN SIE NOCH HINGESCHRIEBEN HÄTTEN, W A S DEN DARM SO ÜBERWUCHERN LÄSST, DANN WÄRE ICH ZUFRIEDEN !....SO ABER : NIX NEUES!!!)
GENTECHNIK
Es grünt so grün
Das neue Gentechnikgesetz soll die Koexistenz von Ökologie und Biotechnik sichern - es wird das Gegenteil bewirken
Von Hans Schuh unnd Andreas Sentker
Komm ins Beet! Mit diesem Aufruf warb das Max-Planck-Institut für Molekulare Pflanzenphysiologie (MPI-MP) um Besucher. Und sie kamen. Von Mai bis September folgten 1200 Gäste der Einladung zu Feldführungen im Potsdamer Ortsteil Golm. In Brandenburgs größtem Wissenschaftspark konnte sich jeder nach vorheriger Anmeldung über Wissenswertes beim Anbau von Kulturpflanzen informieren. Zum Beispiel über neuartige Kartoffeln, die mit Hilfe der Gentechnik besser »atmen« können. Denn Kartoffeln leisten bei der Sauerstoffaufnahme in ihren Knollen Schwerarbeit. Andere Pflanzen dagegen, etwa Klee, steigern die Sauerstoffversorgung ihrer Wurzeln mit Hilfe eines bestimmten Gens. Und dieses Gen haben die Golmer Forscher den Kartoffeln eingepflanzt.
www.zeit.de/2004/39/Gentechnik
Billige Stimmungsmache«
Verbraucherschutzministerin Renate Künast wehrt sich gegen die Kritik am neuen Gentechnikgesetz. Die verbissene Debatte werde der Forschung in Deutschland schaden. Ein Gespräch
DIE ZEIT: Trotz massiver Kritik der EU, der Opposition, der Wirtschaft und Wissenschaft ziehen Sie das neue Gentechnikgesetz nun nahezu unverändert durch. Warum?
Renate Künast: Es gibt keine massive Kritik vonseiten der EU. Brüsseler Beamte stellen nur die bei einem solchen Notifizierungsverfahren üblichen Fragen. Die Opposition betreibt hier wie in fast allen Bereichen Fundamentalopposition und Blockadepolitik. Wir brauchen aber dringend eine funktionierende Regelung. Denn die EU hat ihr Moratorium zur grünen Gentechnik beendet. Gentechnisch veränderter Mais kann jetzt frei verkauft und angebaut werden. Also müssen wir jetzt sicherstellen, dass es auch in Zukunft gentechnikfreie Landwirtschaft gibt.
www.zeit.de/2004/39/K_9fnast_Gespr_8ach