11.05.2006, 07:57
Medizin
Studie: Akupunktur beim Reizdarmsyndrom weitgehend ein Placebo-Effekt
Heidelberg - Eine Akupunktur-Behandlung kann die Beschwerden beim Reizdarmsyndrom (irritable bowel syndrome, IBS) lindern. In einer kleinen randomisierten kontrollierten Studie in Gut (2006; 55: 649-654) wurde jedoch eine gleich gute Wirkung auch mit einer Scheinakupunktur erzielt, weshalb die Autoren von einem Placebophänomen sprechen.
Das Reizdarmsyndrom ist eine ebenso häufige wie diagnostisch schwer fassbare Erkrankung. Den heftigen Beschwerden wie Konstipation, Diarrhö, Krämpfen und Blähungen fehlt ein morphologisches Substrat. Der Ausschluss organischer Erkrankungen ist sogar ein wichtiges diagnostisches Kriterium. Als Ursache wird eine erhöhte Schmerzempfindlichkeit des Darmes vermutet. Damit wird das Reizdarmsyndrom zu einem vielversprechenden Einsatzgebiet für die Akupunktur, und nicht wenige Therapeuten (und ihre Patienten) sind fest von der Wirkung überzeugt.
Der Beleg durch eine randomisierte kontrollierte Studie war jedoch niemals erbracht worden. Eine solche Studie hat die Arbeitsgruppe um Antonius Schneider von der Universität Heidelberg durchgeführt. Es soll sich um die bisher weltweit größte randomisierte kontrollierte Studie zum Einsatz der Akupunktur bei dieser doch häufigen Gesundheitsstörung handeln, und das bei einer Teilnehmerzahl von gerade einmal 43 Patienten, was einiges über die Qualität der Komplementärmedizin in diesem Bereich aussagt.
Die Teilnehmer erhielten 10 Akupunktursitzungen, bei denen jedoch nur 22 Patienten mit echten Nadeln gestochen wurden. Bei den anderen 21 Patienten verwendeten die Therapeuten so genannte Streitberger-Nadeln, welche die Haut nicht penetrieren. In beiden Gruppen kam es unter den zweimal wöchentlichen Sitzungen zu einer signifikanten Verbesserung der Lebensqualität.
Die echte Akupunktur war der scheinbaren nur geringfügig überlegen, bei der geringen Fahlzahl der Studie konnte der Unterschied allerdings nicht signifikant ausfallen. Um einen Effekt in der gefundenen Größenordnung zu belegen, müssten nach Aussagen von Schneider etwa 570 Patienten in eine Studie eingeschlossen werden, und selbst dann stelle sich die Frage, ob die gefundenen Unterschiede auch klinisch relevant seien. Der Großteil der Wirkung ist nach Ansicht der Heidelberger Gruppe ein reines Placebophänomen und als solches von kurzer Dauer. Drei Monate nach Therapieende war die Wirkung wieder verflogen. Akupunktur und Scheinakupunktur (und die damit assoziierte intensive Betreuung) wirkt sich nach Ansicht der Autoren positiv auf die Krankheitsbewältigung („coping“) und die Schlafqualität der Patienten auf. /rme
http://www.aerzteblatt.de/v4/news/news.asp?id=24158
Studie: Akupunktur beim Reizdarmsyndrom weitgehend ein Placebo-Effekt
Heidelberg - Eine Akupunktur-Behandlung kann die Beschwerden beim Reizdarmsyndrom (irritable bowel syndrome, IBS) lindern. In einer kleinen randomisierten kontrollierten Studie in Gut (2006; 55: 649-654) wurde jedoch eine gleich gute Wirkung auch mit einer Scheinakupunktur erzielt, weshalb die Autoren von einem Placebophänomen sprechen.
Das Reizdarmsyndrom ist eine ebenso häufige wie diagnostisch schwer fassbare Erkrankung. Den heftigen Beschwerden wie Konstipation, Diarrhö, Krämpfen und Blähungen fehlt ein morphologisches Substrat. Der Ausschluss organischer Erkrankungen ist sogar ein wichtiges diagnostisches Kriterium. Als Ursache wird eine erhöhte Schmerzempfindlichkeit des Darmes vermutet. Damit wird das Reizdarmsyndrom zu einem vielversprechenden Einsatzgebiet für die Akupunktur, und nicht wenige Therapeuten (und ihre Patienten) sind fest von der Wirkung überzeugt.
Der Beleg durch eine randomisierte kontrollierte Studie war jedoch niemals erbracht worden. Eine solche Studie hat die Arbeitsgruppe um Antonius Schneider von der Universität Heidelberg durchgeführt. Es soll sich um die bisher weltweit größte randomisierte kontrollierte Studie zum Einsatz der Akupunktur bei dieser doch häufigen Gesundheitsstörung handeln, und das bei einer Teilnehmerzahl von gerade einmal 43 Patienten, was einiges über die Qualität der Komplementärmedizin in diesem Bereich aussagt.
Die Teilnehmer erhielten 10 Akupunktursitzungen, bei denen jedoch nur 22 Patienten mit echten Nadeln gestochen wurden. Bei den anderen 21 Patienten verwendeten die Therapeuten so genannte Streitberger-Nadeln, welche die Haut nicht penetrieren. In beiden Gruppen kam es unter den zweimal wöchentlichen Sitzungen zu einer signifikanten Verbesserung der Lebensqualität.
Die echte Akupunktur war der scheinbaren nur geringfügig überlegen, bei der geringen Fahlzahl der Studie konnte der Unterschied allerdings nicht signifikant ausfallen. Um einen Effekt in der gefundenen Größenordnung zu belegen, müssten nach Aussagen von Schneider etwa 570 Patienten in eine Studie eingeschlossen werden, und selbst dann stelle sich die Frage, ob die gefundenen Unterschiede auch klinisch relevant seien. Der Großteil der Wirkung ist nach Ansicht der Heidelberger Gruppe ein reines Placebophänomen und als solches von kurzer Dauer. Drei Monate nach Therapieende war die Wirkung wieder verflogen. Akupunktur und Scheinakupunktur (und die damit assoziierte intensive Betreuung) wirkt sich nach Ansicht der Autoren positiv auf die Krankheitsbewältigung („coping“) und die Schlafqualität der Patienten auf. /rme
http://www.aerzteblatt.de/v4/news/news.asp?id=24158