Das beste bei Spiegel-Online-Artikeln sind meist die Leserkommentare. So auch diesmal.
Es gibt keinen Gegensatz zwischen Natur und Chemie. ALLES ist Chemie. Chemie ist neben der Physik die grundlegende Naturwissenschaft. Ohne chemische Reaktionen wäre gar kein Leben möglich.
Erdöl (im Sinne von Rohöl) wird man in keinem Kosmetikartikel finden. Dabei ist Erdöl ein Naturstoff und rein pflanzlichen Ursprungs. Die Petrochemie gehört zur organischen Chemie, d.h. zur Chemie der Kohlenwasserstoffe. Interessanterweise kann in zertifizierter Naturkosmetik Silber verwendet werden (desinfizierende Wirkung). Dabei ist Silber nichtbiologischen Ursprungs und gehört zur anorganischen Chemie. In der konventionellen Kosmetik werden (auch) Produkte verwendet, die bei der Verarbeitung von Erdöl anfallen. Diese Chemikalien haben mit dem ursprünglichen Rohöl keine Ähnlichkeit mehr, und man könnte sie auch z.B. aus Braunkohle darstellen.
Pflanzen (=Drogen, daher der Name Drogerie) werden in der Kosmetik traditionell viel eingesetzt. Sie sind nicht der Naturkosmetikbranche vorbehalten. Wenn zum Beispiel die Rausch AG damit wirbt, "Schweizer Kräuterextrakte" zu verwenden, dann ist das kein Etikettenschwindel. Die Shampoos und anderen Produkte enthalten Kräuterextrakte, sind aber trotzdem keine "Naturkosmetik" und werden auch nirgends so beworben. Was sich "Naturkosmetik" nennen darf, dafür gibt es Regeln, Vorschriften. So wie für "Bio-Lebensmittel". Die Produkte werden zertifiziert (z.B. BDIH, NaTrue). Das ist dann "zertifizierte Naturkosmetik" und wer als Verbraucher Wert darauf legt, Naturkosmetik zu verwenden, der wird zu diesen Produkten greifen und kann sie unschwer im Handel identifizieren.
Wichtig für uns: "Naturkosmetik" sagt überhaupt nichts über die Verträglichkeit für Menschen mit extrem sensibler Haut, Neigung zu Allergien und Hautkrankheiten aus.
In allen Kosmetikfirmen erarbeiten Chemiker die Rezepturen für die Kosmetikprodukte. Kosmetik ist immer "Chemie". Die Verträglichkeit für uns (mit den Allergien und Krankheiten) richtet sich nach den Zutaten (Ingredients, INCIs) und der Wirkungsweise des Produkts.
Kosmetika müssen über einen längeren Zeitraum chemisch stabil sein, damit sie ihren Gebrauchswert behalten. Deswegen ist Konservierung notwendig. Grundsätzlich gelten alle Konservierungsstoffe als potenziell allergieauslösend. Mir ist jedenfalls keine gegenteilige Aussage bekannt. Wie ihr wisst, sind Allergien auf positive Stoffe aus der Natur weit verbreitet (z.B. Birkenpollen, Haselnüsse). Weil sie Allergien auslösen können, sind Konservierungsstoffe also nicht per se zu verteufeln. Um Risiken zu minimieren und die Konzentration einzelner Konservierungsstoffe im Endprodukt zu senken, werden oft mehrere Konservierungsstoffe miteinander kombiniert.
Verzicht auf Konservierungsstoffe ist möglich, weil man auch Stoffe zum Konservieren verwenden kann, die nicht als Konservierungsstoffe gelten, da sie eine andere Hauptfunktion haben (z.B. Alkohol, Zitronensäure). Auch eine das Produkt gut abschirmende Verpackung (bei Cremes Tuben statt Tiegel) trägt zur Konservierung bei. Außerdem können sich die einzelnen Bestandteile einer Rezeptur gegenseitig stützen, sodass das Produkt als Ganzes im Gleichgewicht und chemisch stabil ist.
Wichtigste Allergieauslöser sind Duftstoffe (Parfum). Kosmetikfirmen verzichten nur ungern darauf. Dabei geht es nicht nur darum, dass viele Verbraucher einen "schönen Duft" wünschen, sondern auch darum, einen als unangenehm empfundenen chemischen Eigengeruch einer Kosmetikrezeptur zu überdecken. Parfum wird also zugesetzt, damit die Kosmetik nicht nach Chemie stinkt (um es mal etwas drastisch zu formulieren).
Immerhin gibt es inzwischen schon so viele Verbraucher, die mit Parfum nicht mehr zurecht kommen, dass das Angebot an parfumfreier Kosmetik in letzter Zeit zugenommen hat. Diese ist oft nicht völlig geruchlos, sondern hat einen Eigengeruch, der nicht durch die Beigabe von Duftstoffen aufgehübscht wurde.
Wie für Konservierungs- und Farbstoffe (die dritte Gruppe gängiger Allergieauslöser) gilt auch für Duftstoffe, dass nicht alle gleich gefährlich sind. Deshalb kommt es vor, dass auch Multiallergiker einzelne Kosmetikartikel mit bestimmten Duftstoffen und/oder Konservierungsstoffen und/oder Farbstoffen erstaunlicherweise ganz gut vertragen. Ich schreibe das hier nur aus Gründen der Seriosität mit rein. Für die Betroffenen ist es beim Studium der INCIs kaum abzuschätzen, ob sie das Produkt vertragen. Das gilt insbesondere für den Sammelbegriff "Parfum".
Keinen Wert haben für uns Werbeaussagen wie: "Hautverträglichkeit dermatologisch bestätigt/bewiesen". Sowas schreibt z.B. sebamed, und deren Lieblingsparfum bekommt meiner Haut gar nicht. Möglicherweise gibt es darauf seltener Allergien als auf andere Parfums, aber wenn ich der seltene Fall bin, dann habe ich nichts davon, dass es selten vorkommt.
"Schönheit muss leiden" --- das finde ich nicht. Wohlbefinden und ein gesunder Hautzustand tragen wesentlich zu einer schönen Ausstrahlung bei. Wenn ich für mich geeignete (hypoallergene) Kosmetik verwende, dann leide ich nicht, sondern genieße es. Und umgekehrt, wenn ich ungeeignete Kosmetik verwende, z.B. eine Serie "for men", mit dem Duft, "der Frauen provoziert", dann leide ich zwar, bin aber überhaupt nicht schön, tja, und die Frauen kann ich dann erst mal vergessen. Leiden und schön sein --- für Allergiker kann das nicht zusammengehen.
Um noch mal auf den konstruierten Gegensatz Naturkosmetik <-> konventionelle Kosmetik zurückzukommen. ? Vorurteile gegen die eine oder die andere Richtung sind nicht angebracht. Man sollte auch nicht glauben, die "bösen" Hersteller wollten die "armen" Verbraucher "vergiften". Paranoia führt zu nichts.
Ein nüchterner und informierter Umgang mit dem Kosmetikthema ist für uns auf jeden Fall von Vorteil. Die Haut ist ein den ganzen Körper umspannendes Sinnes- und Schutzorgan. Wir sollten es pflegen (ohne zu leiden).
Bolek
Es gibt keinen Gegensatz zwischen Natur und Chemie. ALLES ist Chemie. Chemie ist neben der Physik die grundlegende Naturwissenschaft. Ohne chemische Reaktionen wäre gar kein Leben möglich.
Erdöl (im Sinne von Rohöl) wird man in keinem Kosmetikartikel finden. Dabei ist Erdöl ein Naturstoff und rein pflanzlichen Ursprungs. Die Petrochemie gehört zur organischen Chemie, d.h. zur Chemie der Kohlenwasserstoffe. Interessanterweise kann in zertifizierter Naturkosmetik Silber verwendet werden (desinfizierende Wirkung). Dabei ist Silber nichtbiologischen Ursprungs und gehört zur anorganischen Chemie. In der konventionellen Kosmetik werden (auch) Produkte verwendet, die bei der Verarbeitung von Erdöl anfallen. Diese Chemikalien haben mit dem ursprünglichen Rohöl keine Ähnlichkeit mehr, und man könnte sie auch z.B. aus Braunkohle darstellen.
Pflanzen (=Drogen, daher der Name Drogerie) werden in der Kosmetik traditionell viel eingesetzt. Sie sind nicht der Naturkosmetikbranche vorbehalten. Wenn zum Beispiel die Rausch AG damit wirbt, "Schweizer Kräuterextrakte" zu verwenden, dann ist das kein Etikettenschwindel. Die Shampoos und anderen Produkte enthalten Kräuterextrakte, sind aber trotzdem keine "Naturkosmetik" und werden auch nirgends so beworben. Was sich "Naturkosmetik" nennen darf, dafür gibt es Regeln, Vorschriften. So wie für "Bio-Lebensmittel". Die Produkte werden zertifiziert (z.B. BDIH, NaTrue). Das ist dann "zertifizierte Naturkosmetik" und wer als Verbraucher Wert darauf legt, Naturkosmetik zu verwenden, der wird zu diesen Produkten greifen und kann sie unschwer im Handel identifizieren.
Wichtig für uns: "Naturkosmetik" sagt überhaupt nichts über die Verträglichkeit für Menschen mit extrem sensibler Haut, Neigung zu Allergien und Hautkrankheiten aus.
In allen Kosmetikfirmen erarbeiten Chemiker die Rezepturen für die Kosmetikprodukte. Kosmetik ist immer "Chemie". Die Verträglichkeit für uns (mit den Allergien und Krankheiten) richtet sich nach den Zutaten (Ingredients, INCIs) und der Wirkungsweise des Produkts.
Kosmetika müssen über einen längeren Zeitraum chemisch stabil sein, damit sie ihren Gebrauchswert behalten. Deswegen ist Konservierung notwendig. Grundsätzlich gelten alle Konservierungsstoffe als potenziell allergieauslösend. Mir ist jedenfalls keine gegenteilige Aussage bekannt. Wie ihr wisst, sind Allergien auf positive Stoffe aus der Natur weit verbreitet (z.B. Birkenpollen, Haselnüsse). Weil sie Allergien auslösen können, sind Konservierungsstoffe also nicht per se zu verteufeln. Um Risiken zu minimieren und die Konzentration einzelner Konservierungsstoffe im Endprodukt zu senken, werden oft mehrere Konservierungsstoffe miteinander kombiniert.
Verzicht auf Konservierungsstoffe ist möglich, weil man auch Stoffe zum Konservieren verwenden kann, die nicht als Konservierungsstoffe gelten, da sie eine andere Hauptfunktion haben (z.B. Alkohol, Zitronensäure). Auch eine das Produkt gut abschirmende Verpackung (bei Cremes Tuben statt Tiegel) trägt zur Konservierung bei. Außerdem können sich die einzelnen Bestandteile einer Rezeptur gegenseitig stützen, sodass das Produkt als Ganzes im Gleichgewicht und chemisch stabil ist.
Wichtigste Allergieauslöser sind Duftstoffe (Parfum). Kosmetikfirmen verzichten nur ungern darauf. Dabei geht es nicht nur darum, dass viele Verbraucher einen "schönen Duft" wünschen, sondern auch darum, einen als unangenehm empfundenen chemischen Eigengeruch einer Kosmetikrezeptur zu überdecken. Parfum wird also zugesetzt, damit die Kosmetik nicht nach Chemie stinkt (um es mal etwas drastisch zu formulieren).
Immerhin gibt es inzwischen schon so viele Verbraucher, die mit Parfum nicht mehr zurecht kommen, dass das Angebot an parfumfreier Kosmetik in letzter Zeit zugenommen hat. Diese ist oft nicht völlig geruchlos, sondern hat einen Eigengeruch, der nicht durch die Beigabe von Duftstoffen aufgehübscht wurde.
Wie für Konservierungs- und Farbstoffe (die dritte Gruppe gängiger Allergieauslöser) gilt auch für Duftstoffe, dass nicht alle gleich gefährlich sind. Deshalb kommt es vor, dass auch Multiallergiker einzelne Kosmetikartikel mit bestimmten Duftstoffen und/oder Konservierungsstoffen und/oder Farbstoffen erstaunlicherweise ganz gut vertragen. Ich schreibe das hier nur aus Gründen der Seriosität mit rein. Für die Betroffenen ist es beim Studium der INCIs kaum abzuschätzen, ob sie das Produkt vertragen. Das gilt insbesondere für den Sammelbegriff "Parfum".
Keinen Wert haben für uns Werbeaussagen wie: "Hautverträglichkeit dermatologisch bestätigt/bewiesen". Sowas schreibt z.B. sebamed, und deren Lieblingsparfum bekommt meiner Haut gar nicht. Möglicherweise gibt es darauf seltener Allergien als auf andere Parfums, aber wenn ich der seltene Fall bin, dann habe ich nichts davon, dass es selten vorkommt.
"Schönheit muss leiden" --- das finde ich nicht. Wohlbefinden und ein gesunder Hautzustand tragen wesentlich zu einer schönen Ausstrahlung bei. Wenn ich für mich geeignete (hypoallergene) Kosmetik verwende, dann leide ich nicht, sondern genieße es. Und umgekehrt, wenn ich ungeeignete Kosmetik verwende, z.B. eine Serie "for men", mit dem Duft, "der Frauen provoziert", dann leide ich zwar, bin aber überhaupt nicht schön, tja, und die Frauen kann ich dann erst mal vergessen. Leiden und schön sein --- für Allergiker kann das nicht zusammengehen.
Um noch mal auf den konstruierten Gegensatz Naturkosmetik <-> konventionelle Kosmetik zurückzukommen. ? Vorurteile gegen die eine oder die andere Richtung sind nicht angebracht. Man sollte auch nicht glauben, die "bösen" Hersteller wollten die "armen" Verbraucher "vergiften". Paranoia führt zu nichts.
Ein nüchterner und informierter Umgang mit dem Kosmetikthema ist für uns auf jeden Fall von Vorteil. Die Haut ist ein den ganzen Körper umspannendes Sinnes- und Schutzorgan. Wir sollten es pflegen (ohne zu leiden).
Bolek