14.03.2006, 18:50
..bis diese Meldung sich in eine deutsche Gazette verirrt hat......
Medizin
Keine Herzinfarktprävention durch Vitamin B - Widerlegung der Homocystein-Hypothese?
Tromsø/Hamilton - Nach einer unter Kardiologen weit verbreiteten Hypothese haben B-Vitamine eine protektive Wirkung auf Herz und Gefäße, weil sie die Blutkonzentration von Homocystein senken, das ein kardiovaskulärer Risikofaktor sein soll. Auf der Jahrestagung des American College of Cardiology wurden jedoch gleich zwei Negativstudien vorgestellt. Vertreter der Vitamin-Lobby zeigten sich unerschüttert.
Schon der „Vitamin Intervention for Stroke Prevention“ (VISP) Trial mit 3.680 Schlaganfall-Patienten hatte vergeblich zu zeigen versucht, dass die Einnahme von Folsäure, Vitamin B6 und Vitamin B12 die Patienten schützen kann. Der Homocystein-Spiegel sank, doch die Zahl der erneuten vaskulären Ereignisse blieb konstant (JAMA 2004; 291: 565-75). Zu ähnlichen Ergebnissen kommen jetzt der Norwegian Vitamin-Trial (NORVIT) und der zweite Heart Outcomes Prevention Evaluation Trial (HOPE 2).
An der von Kaare Harald Bønaa von der Universität Tromsø durchgeführten NORVIT hatten 3.749 Postinfarkt-Patienten teilgenommen. Sie waren entweder mit Folsäure plus Vitamin B12 plus Vitamin B6, mit Folsäure plus Vitamin B12, allein mit Vitamin B6 oder mit Placebo behandelt worden. Nach median 40 Monaten hatten die B-Vitamine den Homocysteinwert um 27 Prozent gesenkt (unter Folsäure plus Vitamin B12), doch der primäre Endpunkt aus rezidivierendem Herzinfarkt, Schlaganfall oder plötzlichem koronaren Herztod war der gleiche wie unter Placebo. In der Kombinationsgruppe, in der die Patienten alle drei B-Vitamine eingenommen hatten, war der Endpunkt sogar um 22 Prozent angestiegen. Bei einem 95-Prozent-Konfidenzintervall von 1,00 bis 1,50 wurde das Signifikanzniveau knapp verfehlt, man darf also hoffen, dass es sich um eine Zufallsschwankung handelte.
An der HOPE-2-Studie nahmen 5.522 Patienten mit vaskulären Erkrankungen oder Diabetes teil, die über durchschnittlich 5 Jahre eine Kombination der drei B-Vitamine oder Placebo einnahmen. Auch hier senkten die B-Vitamine die Homocysteinkonzentration im Plasma, nicht aber den Endpunkt aus Herzinfarkt, Schlaganfall oder kardiovaskulärem Tod. Nur eine Reduktion des Schlaganfallrisikos um 25 Prozent – mit einem 95-Prozent-Konfidenzintervall von 0,59 bis 0,97 knapp signifikant – wurde gemessen, wie die Gruppe um Salim Yusuf von der McMaster Universität in Hamilton in Kanada berichten kann.
Die Vitamin-Industrie versorgt nach eigenen Angaben etwa 35 Prozent der US-Erwachsenen mit B-Vitaminen. Der Interessenverband der Hersteller, der sich „Council on Responsible Nutrition“ nennt, stellt die Ergebnisse anders dar. In den Studien seien nur Personen behandelt worden, die bereits atherosklerotisch vorgeschädigte Gefäße hatten. In dieser Gruppe sei eine volle protektive Wirkung nicht mehr zu erwarten. Doch für Salim Yusuf steht fest: Eine Prävention habe bei Gesunden nur dann Erfolgschancen, wenn ihr Wert vorher bei Kranken belegt wurde. Diese hätten bereits die Präventionsstudien zur Hypercholesterinämie und zur Hypertonie gezeigt.
Auch der „Vater“ der Homocystein-Hypothese Kilmer McCully aus West Roxbury, Massachusetts, hat laut Presseberichten nach der dritten Negativstudie in Folge den Glauben an eine protektive Wirkung der Vitamine verloren, während Joseph Loscalzo vom Brigham and Women's Hospital in Boston in einem Editorial im New England Journal of Medicine, wo auch die Ergebnisse der beiden Studien online publiziert wurden, weiter von der Homocystein-Hypothese überzeugt ist. Homocystein habe sich in vielen Beobachtungsstudien als Risikofaktor vorteilhaft erwiesen. Nach Ansicht von Loscalzo könnten die B-Vitamine neben ihren protektiven Wirkungen auf den Homocystein-Stoffwechsel unter Umständen auch schädigende Einflüsse auch die Gefäßwände haben. Im Endeffekt kommt aber auch Loscalzo zu dem Schluss, dass die Einnahme von B-Vitaminen zur kardiovaskulären Prävention wohl nicht sinnvoll ist. /rme
http://www.aerzteblatt.de/v4/news/news.asp?id=23418
Uli
Medizin
Keine Herzinfarktprävention durch Vitamin B - Widerlegung der Homocystein-Hypothese?
Tromsø/Hamilton - Nach einer unter Kardiologen weit verbreiteten Hypothese haben B-Vitamine eine protektive Wirkung auf Herz und Gefäße, weil sie die Blutkonzentration von Homocystein senken, das ein kardiovaskulärer Risikofaktor sein soll. Auf der Jahrestagung des American College of Cardiology wurden jedoch gleich zwei Negativstudien vorgestellt. Vertreter der Vitamin-Lobby zeigten sich unerschüttert.
Schon der „Vitamin Intervention for Stroke Prevention“ (VISP) Trial mit 3.680 Schlaganfall-Patienten hatte vergeblich zu zeigen versucht, dass die Einnahme von Folsäure, Vitamin B6 und Vitamin B12 die Patienten schützen kann. Der Homocystein-Spiegel sank, doch die Zahl der erneuten vaskulären Ereignisse blieb konstant (JAMA 2004; 291: 565-75). Zu ähnlichen Ergebnissen kommen jetzt der Norwegian Vitamin-Trial (NORVIT) und der zweite Heart Outcomes Prevention Evaluation Trial (HOPE 2).
An der von Kaare Harald Bønaa von der Universität Tromsø durchgeführten NORVIT hatten 3.749 Postinfarkt-Patienten teilgenommen. Sie waren entweder mit Folsäure plus Vitamin B12 plus Vitamin B6, mit Folsäure plus Vitamin B12, allein mit Vitamin B6 oder mit Placebo behandelt worden. Nach median 40 Monaten hatten die B-Vitamine den Homocysteinwert um 27 Prozent gesenkt (unter Folsäure plus Vitamin B12), doch der primäre Endpunkt aus rezidivierendem Herzinfarkt, Schlaganfall oder plötzlichem koronaren Herztod war der gleiche wie unter Placebo. In der Kombinationsgruppe, in der die Patienten alle drei B-Vitamine eingenommen hatten, war der Endpunkt sogar um 22 Prozent angestiegen. Bei einem 95-Prozent-Konfidenzintervall von 1,00 bis 1,50 wurde das Signifikanzniveau knapp verfehlt, man darf also hoffen, dass es sich um eine Zufallsschwankung handelte.
An der HOPE-2-Studie nahmen 5.522 Patienten mit vaskulären Erkrankungen oder Diabetes teil, die über durchschnittlich 5 Jahre eine Kombination der drei B-Vitamine oder Placebo einnahmen. Auch hier senkten die B-Vitamine die Homocysteinkonzentration im Plasma, nicht aber den Endpunkt aus Herzinfarkt, Schlaganfall oder kardiovaskulärem Tod. Nur eine Reduktion des Schlaganfallrisikos um 25 Prozent – mit einem 95-Prozent-Konfidenzintervall von 0,59 bis 0,97 knapp signifikant – wurde gemessen, wie die Gruppe um Salim Yusuf von der McMaster Universität in Hamilton in Kanada berichten kann.
Die Vitamin-Industrie versorgt nach eigenen Angaben etwa 35 Prozent der US-Erwachsenen mit B-Vitaminen. Der Interessenverband der Hersteller, der sich „Council on Responsible Nutrition“ nennt, stellt die Ergebnisse anders dar. In den Studien seien nur Personen behandelt worden, die bereits atherosklerotisch vorgeschädigte Gefäße hatten. In dieser Gruppe sei eine volle protektive Wirkung nicht mehr zu erwarten. Doch für Salim Yusuf steht fest: Eine Prävention habe bei Gesunden nur dann Erfolgschancen, wenn ihr Wert vorher bei Kranken belegt wurde. Diese hätten bereits die Präventionsstudien zur Hypercholesterinämie und zur Hypertonie gezeigt.
Auch der „Vater“ der Homocystein-Hypothese Kilmer McCully aus West Roxbury, Massachusetts, hat laut Presseberichten nach der dritten Negativstudie in Folge den Glauben an eine protektive Wirkung der Vitamine verloren, während Joseph Loscalzo vom Brigham and Women's Hospital in Boston in einem Editorial im New England Journal of Medicine, wo auch die Ergebnisse der beiden Studien online publiziert wurden, weiter von der Homocystein-Hypothese überzeugt ist. Homocystein habe sich in vielen Beobachtungsstudien als Risikofaktor vorteilhaft erwiesen. Nach Ansicht von Loscalzo könnten die B-Vitamine neben ihren protektiven Wirkungen auf den Homocystein-Stoffwechsel unter Umständen auch schädigende Einflüsse auch die Gefäßwände haben. Im Endeffekt kommt aber auch Loscalzo zu dem Schluss, dass die Einnahme von B-Vitaminen zur kardiovaskulären Prävention wohl nicht sinnvoll ist. /rme
http://www.aerzteblatt.de/v4/news/news.asp?id=23418
Uli