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Pausenbrot auf bolivianisch....
#1
SPIEGEL ONLINE - 27. Februar 2006, 09:02
URL: http://www.spiegel.de/unispiegel/schule/...04,00.html
Bolivien

Koka-Blätter statt Pausenbrot?

Käsestulle und Milch - ein langweiliger Snack. Lieber sollte man Kindern in der Schule ein paar kalziumreiche Koka-Blätter zum Kauen geben, fordert Boliviens Außenminister. Ein entsetzter Oppositionspolitiker warnt vor bedröhnten Schülern.

...na ja – die opioiden Peptide in Käse, Milch und Gluten können - wenn nicht gar mehr- wohl genauso gut „bedröhnen“: ob die Koka-Blätter allerdings genauso "allergen" wie Kasein & Co sind Big Grin .........

Uli

Koka-Blätter sind nach Ansicht des bolivianischen Außenministers David Choquehuanca besser für Schüler als Milch und sollten diese beim Pausenbrot ersetzen. "Unsere Kinder brauchen Kalzium, und Koka-Blätter haben mehr Kalzium als Milch", sagte Choquehuanca. Zudem enthielten die Blätter, die der Grundstoff zur Herstellung von Kokain sind, mehr wertvollen Phosphor als Fisch. "Vielleicht sollten wir unseren Kindern bei der Schulspeisung Koka-Blätter geben", schloss der Minister.
Bei seinen Angaben zum Nährwert der Pflanze bezog er sich auf Untersuchungen des bolivianischen Gesundheitsministeriums und der Universität Harvard. Bereits 1975 stellte eine Harvard-Studie fest, dass Koka fast 60-mal mehr Kalzium enthält als Weizen, daneben außerdem hohe Anteile an Proteinen, Eisen, Vitamin A und Vitamin B2. Die bolivianische Opposition zeigte sich entsetzt. Ex-Bildungsminister Tito Hoz de Vila befürchtet, der Nachwuchs sitze bald drogenbenebelt im Unterricht.

Koka-Blätter sind der Rohstoff zur Herstellung des Rauschgifts Kokain, Bolivien zählt zu den großen Drogenanbaugebieten. Doch wie wirksam ist Koka im natürlichen Zustand? "Es gibt keine Studien über den Konsum von Koka-Blättern", sagt Fritz Sörgel, Direktor des Instituts für biomedizinische und pharmazeutische Forschung in Nürnberg. Zwar sei das Alkaloid Kokain in Koka-Blättern enthalten, doch in verschwindend geringen Mengen. Zudem nehme der Organismus die Substanz über den Magen-Darm-Trakt schlecht auf.

Ohne eine alkalische Behandlung wie bei der Kokain-Herstellung dürfte die Wirkung einer Handvoll Koka-Blätter kaum spürbar sein, schätzt Sörgel. Indios etwa setzen den Blättern zu diesem Zweck Asche bei, um die Blätter dann als anregendes Mittel und gegen Hungergefühle zu kauen.

Schlechter Koka-Ruf zu Unrecht, meint die Regierung

Der Vorschlag Choquehuancas ist Teil einer Kampagne, mit der die neue bolivianische Regierung den schlechten Ruf der Kokapflanze bekämpfen will. Seit einem Monat heißt der Präsident Boliviens Evo Morales, er ist ein Indio aus dem Stamm der Aymara und war früher selbst Kokabauer. Als Staatschef will Morales den Koka-Anbau legalisieren und gleichzeitig die Weiterverarbeitung der Blätter zu Kokain bekämpfen. Viele seiner Anhänger sind Koka-Bauern, so auch der neue Drogenbeauftragte der Regierung. Eine der ersten Amtshandlungen der linken Regierung: Sie stoppte eine von den USA finanzierte Kampagne, bei der die Koka-Anbaugebiete mit Pflanzenvernichtungsmitteln zerstört werden sollten.

Das sorgt natürlich für Unruhe im westlichen Ausland: (besonders wohl bei Nestle und Kollegen, die um ihren Milchabsatz bangen...) Big Grin
Dort steht das Kraut vor allem für Kokain und damit für Drogenmafia, Abhängigkeit, Geldwäsche und Kriminalität. 100 Tonnen Kokain produziert Bolivien pro Jahr, damit steht das Land weltweit an dritter Stelle hinter Kolumbien und Peru. "Gäbe es Koka-Blättern statt Pausenbrot in den Schulen Boliviens, würde das die Droge Kokain international auf schädliche Weise verharmlosen", sagt Kokain-Experte Sörgel.

Für die Anden-Völker hingegen ist Koka mehr als der Grundstoff für Kokain. Der Strauch mit den länglichen Blättern und gelben Blüten gilt als mystische Pflanze, die schon seit mindestens 5000 Jahren kultiviert und zu spirituellen Zwecken genauso wie zur Bekämpfung von Haarausfall und Fußpilz eingesetzt wird.

cpa/afp
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