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GIT - Gastrointestinale Allergien
#1
Klinik und Diagnostik von Nahrungsmittelallergien: Gastrointestinal vermittelte Allergien Grad I bis IV
Deutsches Ärzteblatt 99, Ausgabe 12 vom 22.03.2002


Das Erkennen und die klinische Diagnostik von Nahrungsmittelallergien bereitet heute immer noch Schwierigkeiten. Neben unterschiedlichen intra- und interindividuellen Ausprägungen bestehen zahlreiche weitere Krankheitsvariablen wie beispielsweise verschiedene pathophysiologische Kompartimente und Mechanismen, Unterschiede im Histaminkatabolismus, Typen der dominierenden Effektorzellarten sowie Effektivität der Verdauung. Daher erfolgt heute neben einer umfassenden Differenzialdiagnostik zur Abgrenzung nichtimmunologisch vermittelter Unverträglichkeitsreaktionen ein diagnostischer Stufenprozess. Hierbei wird zunächst mit Anamneseerhebung, Hauttests, IgE-Bestimmungen im Serum und oraler Provokation versucht, das auslösende Allergen zu identifizieren. Weitere Diagnoseverfahren umfassen die Bestimmung des Methylhistamins im Urin, eine Magen- oder Darmspiegelung und die immunhistochemische Suche nach allergischen Effektorzellen im Gastrointestinaltrakt. Während der Magen- oder Darmspiegelung kann mit der endoskopisch gesteuerten segmentalen Lavage direkt nach intestinalen IgE-Antikörpern gesucht werden (intestinaler RAST). Die Austestung vitaler Biopsien bei der Mukosaoxygenation ermöglicht den unmittelbaren Nachweis einer allergischen Reaktion an der Darmschleimhaut.

Allergie versus Unverträglichkeit
[...] Viele weitere nichttoxische Unverträglichkeiten entstehen ohne eine Beteiligung des Immunsystems, sind also keine Allergien. Dies sind die nichtimmunologisch vermittelten Nahrungsmittelunverträglichkeiten und Pseudoimmunopathien, zum Beispiel Pseudoallergien nach aktiver Mediatorfreisetzung ohne Auslösung durch das Immunsystem, oder Intoleranzen auf dem Boden eines genuinen oder induzierten Enzymmangels, der zur Anhäufung pharmakologisch aktiver Substanzen führt (zum Beispiel Histaminose, Laktasemangel). Hierzu gehören auch pseudoallergische Phänomene durch Salizylate oder andere Pharmaka sowie die Effekte bestimmter biogener Amine (Serotonin, Tyramin) und vieler anderer Stoffe. Darüber hinaus finden sich viele eigenständige Krankheitsbilder wie zum Beispiel die Fettunverträglichkeit bei Gallensteinträgern oder chronischer Pankreatitis, aber auch Infektionen sowie psychogene (somatoforme) Störungen, die Unverträglichkeitsreaktionen bewirken. Wesentlich ist, dass diese nichtimmunologisch vermittelten Prozesse häufiger sind als die immunologisch vermittelten Allergien und daher stets bei symptomatischen Patienten differenzialdiagnostisch in Erwägung zu ziehen sind. [...] Während die Pathogenese der NMA beim Kleinkind und Atopiker stärker durch genetische Faktoren geprägt wird, drücken die später erworbenen Allergien die Bedeutung der exogenen Umwelteinflüsse aus. Dass manche Personen auf ihre Lieblingsspeisen hin eine Allergie entwickeln, ist gut mit einer verstärkten Antigenaufnahme (Exposition, aufgezwungene Sensibilisierung) erklärbar.
Genetik und Umwelt haben im Einzelfall unterschiedliches Gewicht, beide zusammen bestimmen aber das Allergierisiko. NMA sind daher bei Personen, die konstitutionell verstärkt IgE bilden, gehäuft anzutreffen. Klinisch äußert sich dies zum Beispiel in der Koinzidenz der Neurodermitis mit der allergischen Proktokolitis, der allergischen Rhinokonjunktivitis mit kreuzreaktiven NMA (Pollinosis) und auch bei bestimmten Personen mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen. Diese Assoziation mit der Atopie zeigt sich bei NMA in circa 60 Prozent der Fälle, während in circa 40 Prozent keine Kopplung an den Begriff der Atopie vorliegt, das heißt auch bei Personen, die nicht konstitutionell übermäßig IgE produzieren, kann sich trotzdem eine NMA entwickeln.

Nahrungsmittelallergene
[...] Sensibilisierende Allergene sind häufig aufgenommene Substanzen, sodass die jeweilige Ernährung die Prävalenz einer NMA beeinflusst. Allergene sind in der überwiegenden Mehrzahl wasserlösliche (Glyko)-Proteine mit einem Molekulargewicht zwischen 10 bis 70 kd, oft stabil gegenüber Hitze und anderen Verdauungsprozessen. Selten können aber auch kleinere so genannte Lipidtransferproteine als Allergene wirken, die zum Beispiel beim Mais als Hauptallergen identifiziert wurden. Vielfach sind Proteinstruktur, Sequenz und IgE- beziehungsweise T-Zellrezeptor-bindende Epitope bekannt. [...]

Manifestationsvariablen, pathophysiologische Kompartimente und Klinik
Das klinische Problem bei NMA besteht, erstens, in verschiedenen exogenen und endogenen nicht immer exakt fassbaren Manifestationsvariablen. So ist es manchmal schwierig festzulegen, welcher Allergietyp nach Coombs und Gell vorliegt und in welchem Kompartiment die Degranulation allergischer Effektorzellen erfolgt. Weitere Variablen sind der unterschiedliche Grad der Sensibilisierung, die Art des beteiligten Effektorzelltypus, die genetische Ausstattung zur Immunantwort (zum Beispiel IL-4-Polymorphismen), die Effektivität des Histaminabbaus und der Verdauung sowie die Modulation der Allergie durch neurovegetative Einflüsse. Der für die Praxis so wichtige Nachweis von Mastzellen und Eosinophilen am GIT gestaltet sich in der Routine zudem problematisch.
Die zweite große Schwierigkeit besteht pathophysiologisch in der unterschiedlichen Ausbreitung der NMA in verschiedene Kompartimente. Dieser intra- und interindividuell variable Ausbreitungsgrad erklärt, weshalb Personen mit Hauterscheinungen zum Dermatologen, mit Sinusitis oder Otitis media zum Hals-Nasen-Ohrenarzt, mit Gastritis oder Colitis zum Gastroenterologen und Personen mit Rhinokonjunktivitis oder stattgehabter Anaphylaxie zum Allergologen kommen. Denn neben der Längsausdehnung des immunologischen Prozesses entlang des GIT ist auch die Tiefenausdehnung zu berücksichtigen. Bei NMA findet sich oft ein zunächst nur auf die Mukosa/Submukosa des GIT beschränkter Krankheitsprozess, der manchmal inapparent verläuft, oft vom Patienten oder Arzt nicht wahrgenommen beziehungsweise fehlgedeutet wird. Während beim Atopiker zum Zeitpunkt der Diagnose häufig schon verschiedene Organe allergenspezifische Antikörper und spezifisch sensibilisierte Effektorzellen besitzen, kann sich einerseits im Jugend- und Erwachsenenalter durch die dabei entstehende Schrankenstörung am GIT und durch eine Vielzahl an Mediatoren der Sensibilisierungsprozess und die Allergie über das intestinale Kompartiment hinaus auch auf andere Organe ausdehnen. Andererseits zeigen NMA manchmal nur das Phänomen der solitären, ektopen/peripheren Allergie, wenn oral aufgenommene Allergene ausschließlich außerhalb des Darmes klinisch sichtbare Symptome erzeugen.
Mit zunehmender Allergieausprägung (zum Beispiel Sensibilisierungsgrad) finden sich IgE-Antikörper oder andere antigenspezifische Immunphänomene nicht nur lokal am GIT, sondern auch an extraintestinalen Kompartimenten. Hierzu gehört das vaskuläre System, wo Basophile und Thrombozyten als Hauptakteure der allergischen Reaktion gelten. Dann kann bereits mit positiven Serum-RAST-Tests gerechnet werden. Ist der Sensibilisierungsgrad so stark, dass nahrungsmittelspezifische Immunphänomene auch an peripheren Organen ortsständig geworden sind, dann treten verschiedenste Symptome wie Urtikaria, Asthma bronchiale, Hypotonie, Migräne oder Herzrhythmusstörungen auf, und es werden Scratch-, Prick-, Epikutan- und gegebenenfalls Intrakutantests beziehungsweise Serum-RAST-Tests positiv, als Zeichen einer antigenspezifischen Sensibilisierung an der Haut, im Blut und gegebenenfalls auch an anderen Organen.
Die Schwierigkeiten bei der Diagnostik von NMA ergeben sich bei Beschränkung des Immunprozesses vorwiegend nur auf die Mukosa/Submukosa des GIT (intestinales Kompartiment). Bei lokaler Mediatorenfreisetzung werden viele gastroenterologische Symptome vom Blähbauch bis hin zu blutigen Kolitiden, bei quantitativ starker Mediatorenproduktion oder reduziertem Mediatorenabbau auch extraintestinale Fernwirkungen des Histamins an peripheren Organen induziert, was differenzialdiagnostisch schwer von extraintestinalen antigenspezifischen allergischen Organreaktionen abzutrennen ist.

[...]

Diagnostik
Die Routinediagnostik für intestinale und extraintestinale Manifestationen von NMA beginnt mit dem Ernährungstagebuch, der Anamnese, der Durchführung von Hauttests mit verschiedenen Lebensmittelextrakten, Umweltantigenen, Schimmelpilzen und Gewürzen, der Bestimmung des Gesamt-IgE und der allergenspezifischen IgE-Antikörper im Serum (zum Beispiel RAST), um Hinweise für eine Sensibilisierung zu finden. Bei klinisch eindeutigen postprandialen Reaktionen, die in Übereinstimmung mit Haut- und RAST-Tests stehen, kann damit die Allergie oft schon exakt definiert und erkannt werden. Bei typischer Symptomatik (intestinale und extraintestinale Symptome unmittelbar nach Allergenaufnahme) und mono- bis oligoklonaler Sensibilisierung hat die orale Provokation oft nur akademischen Wert, gilt aber nach wie vor als Goldstandard für den sicheren Nachweis einer NMA. Da die orale Provokation jedoch zeitaufwendig ist, nur an wenigen Zentren konsequent durchgeführt wird und nicht zuletzt auch den Patienten gefährden kann, wird bei typischer Symptomatik und eindeutigen Sensibilisierungszeichen zunächst eine Antigenkarenz durchgeführt. Ist diese erfolgreich, kann auf die orale Provokation als Bestätigung verzichtet werden. [...]
Als weiterführende Diagnostik empfiehlt sich auf Screeningbasis zunächst die Bestimmung des Methylhistamins im Urin, um zu klären, ob die geklagten Beschwerden tatsächlich auf eine verstärkte Mediatorenproduktion zurückzuführen sind. Da der GIT aufgrund seiner Schleimhautoberfläche eine große Menge an Mastzellen und Histamin enthält, ist das bei NMA im Magen-Darm-Trakt gebildete und weitgehend über die Leber zum Methylhistamin abgebaute Histamin sehr gut diagnostisch erfassbar. Nahrungsmittelallergiker zeigen unter einer Beschwerden verursachenden Vollkost signifikant höhere Methylhistaminspiegel im Urin als Kontrollpersonen. Umgekehrt gehen bei NMA unter einer allergenarmen Eliminationsdiät, zum Beispiel einer hypoallergenen Kartoffel-Reisdiät, die Mediatorproduktion und oft auch die Symptome zurück, was ebenso als Diagnostikkriterium genutzt wird. Obwohl dieser Funktionstest zur Methylhistaminproduktion nicht spezifisch für NMA ist, kann er sehr gut zur Objektivierung einer manifesten NMA herangezogen werden. [...]
Um den Weg der oralen Provokation zu umgehen, wurde die Möglichkeit der direkten Austestung menschlicher Darmbiopsien erforscht. Seit 1989 können vitale Darmbiopsien – ähnlich dem Prinzip des Histamin-Release-Tests aus dem Vollblut – direkt mit Allergenen konfrontiert werden. Dieses mittlerweile für die Routine ausgereifte und kommerziell erhältliche Verfahren (Mukosaoxygenation) erlaubt eine funktionelle Testung lebender Biopsien durch Exposition gegenüber Lebensmittelantigenen und stellt nicht nur für NMA eine wertvolle Bereicherung der gastroenterologisch-endoskopischen Diagnostik dar, sondern auch für verschiedene andere Krankheitsgruppen (zum Beispiel chronisch entzündliche Darmerkrankungen, Mastozytose, eosinophile Gastroenteritis, Colon irritabile). Anhand der Sekretion verschiedener, zum Teil Effektorzell-spezifischer Mediatoren kann somit an der intakten Darmschleimhaut die allergische Reaktion quantifiziert und die Rate an freigesetzten Allergiestoffen im Kulturüberstand gemessen werden. Als Testkriterium gilt, dass eine signifikante Mediatorfreisetzung dann vorliegt, wenn auf die Zugabe eines Antigens mehr als das Doppelte der Spontanfreisetzung sezerniert wird. Das heißt ein Lebensmittel, das eine doppelt so hohe Mediatorsekretion (zum Beispiel Histamin, ECP) wie die Spontanfreisetzung induziert, gilt als signifikant positiv und sollte vom Patienten konsequent gemieden werden.

[...]

Priv.-Doz. Dr. med. Martin Raithel
Funktionelle Gewebediagnostik, Gastroenterologie
Medizinischen Klinik I mit Poliklinik der Universität Erlangen-Nürnberg
Kühe geben keine Milch - wir nehmen sie ihnen weg!
Antworten
#2
Gastrointestinale Allergien – Licht am Ende des Tunnels?
Deutsches Ärzteblatt 99, Ausgabe 12 vom 22.03.2002


Welche Rolle spielen allergische Reaktionen im Gastrointestinaltrakt? „Keine“, würden wahrscheinlich die meisten Gastroenterologen sagen. „Weiß ich nicht“, wäre die Antwort einiger vorsichtiger Kollegen. Aber nur wenige hätten wohl den Mut zu spekulieren, dass solche Krankheiten auch im Darm bedeutsam sein könnten. Dieser Einschätzung vonseiten der Experten steht die Überzeugung der Bevölkerung gegenüber, von der etwa ein Drittel glaubt, dass ihre Beschwerden auf Nahrungsmittelallergien zurückzuführen sind.

Unsicherheit aufgrund unklarer Terminologie
Ein Grund für diese Diskrepanz sind die Unschärfen in der Terminologie, was immer wieder zu Missverständnissen bei Ärzten wie Patienten führt. Gastrointestinale Allergien werden meistens, aber nicht ausschließlich durch Nahrungsmittel verursacht, und Nahrungsmittelallergien machen sich oft (in circa 30 Prozent der Fälle) aber nicht immer in Form von Darmbeschwerden bemerkbar. Schließlich sind Nahrungsmittelallergien von Nahrungsmittelunverträglichkeiten zu trennen. Letztere sind ein Oberbegriff oder Sammelbegriff für nahrungsabhängige Beschwerden unterschiedlicher Genese, während Nahrungsmittelallergien nur solche Reaktionen genannt werden sollten, die auf einer abnormalen Reaktion des spezifischen Immunsystems beruhen. Gastrointestinale Allergien wären demnach individuell auftretende, nichttoxische, immunologisch vermittelte Hypersensitivitätsreaktionen des Gastrointestinaltrakts auf Nahrungsmittel und andere luminale Antigene.
Ein Grund für die verbreitete Unsicherheit bei diesem Krankheitsbild ist, dass die potenziellen Spezialisten, Allergologen und Gastroenterologen, sich vergleichsweise wenig um allergische Reaktionen des Gastrointestinaltrakts bemüht haben. Dementsprechend weiß man kaum etwas über die zugrundeliegenden Mechanismen, die man meistens mittels Analogieschlüssen und Extrapolieren von Daten, die außerhalb des Darmes gewonnen wurden, zu erklären versucht. Diese Defizite sind ein wesentlicher Grund für die Tatsache, dass bis heute keine Diagnostik etabliert wurde, die eine eindeutige und objektive Identifizierung betroffener Patienten erlaubt. Dadurch bleibt Unsicherheit und Zweifel bei den Ärzten, aber auch Raum für Mutmaßungen vonseiten der Laienpresse und der Patienten.
Jüngstes Beispiel ist die Angst vor neuen Wellen von Nahrungsmittelallergien durch gentechnologisch modifizierte Lebensmittel, wozu allerdings keinerlei gesicherte Daten vorliegen. Dieser Circulus vitiosus kann allein durch eine fundierte und kritische wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Thema durchbrochen werden. Wenn ein Drittel der erwachsenen Bevölkerung glaubt, an einer solchen Erkrankung zu leiden, haben wir Ärzte eine Verpflichtung, uns auf seriöse Weise damit auseinanderzusetzen.

Neue diagnostische Ansätze
In den letzten Jahren wurden einige Arbeiten publiziert, die neue Erkenntnisse zur Pathophysiologie und Diagnostik gastrointestinaler Allergien anbieten. Ein Teil dieser Arbeiten kommt von der Erlanger Arbeitsgruppe um M. Raithel, E. G. Hahn und H. W. Baenkler, die in dieser Ausgabe des Deutschen Ärzteblatts eine Übersicht präsentieren zur „Klinik und Diagnostik von Nahrungsmittelallergien“, die gastrointestinal vermittelt sind. Die Autoren haben eine Reihe viel versprechender Informationen und neuer diagnostischer Ansätze für den interessierten Arzt zusammengetragen, insbesondere solche, die in der eigenen Arbeitsgruppe entwickelt wurden. Weiterhin haben sie sich bemüht, zu wichtigen Fragen wie Terminologie und Klassifizierung von Nahrungsmittelallergien des Gastrointestinaltrakts Stellung zu nehmen. Während die Terminologie von Fachgesellschaften festgelegt wurde, konnte bislang keine klinisch oder pathophysiologisch begründete Klassifikation von intestinalen Allergien entwickelt werden.
Zentrale Punkte bei der Diagnosestellung sind eine gründliche Anamnese, eine umfassende Ausschlussdiagnostik und in Zweifelsfällen ein Provokationstest, der bevorzugt mit verblindeten Testsubstanzen durchgeführt werden sollte. Klassische allergologische Testverfahren wie der Hauttest und auch die Messung von spezifischem IgE im Serum (früher RAST-Test genannt) haben aufgrund des hohen Anteils falschnegativer und falschpositiver Resultate nur begrenzte Bedeutung für die Diagnostik von Nahrungsmittelallergien.
Es leuchtet ein, wenn die sonst oft als „goldener Standard“ in der Diagnostik von Nahrungsmittelallergien propagierte orale Provokation mit einem gewissen Vorbehalt präsentiert wird. Sie ist nicht nur zeitaufwendig, risikoträchtig und für gastroenterologische Patienten nicht etabliert, sondern auch in solchen Fällen, in denen die Basisdiagnostik schlüssige Ergebnisse geliefert hat, von eher akademischem Wert. Zudem weist die orale Provokation nicht eine Nahrungsmittelallergie nach, sondern allenfalls die Reproduzierbarkeit von Nahrungsmittelunverträglichkeiten jeglicher Genese.

Noch nicht geeignet für Routineeinsatz
Die speziellen diagnostischen Verfahren, die in Erlangen entwickelt wurden (immunhistochemische Analyse von Darmbiopsien, Messung von IgE in Darmlavageflüssigkeit, Austestung von Darmbiopsien bei Mukosaoxygenation) bieten wissenschaftlich spannende Ansätze, sind aber noch nicht generell zu empfehlende diagnostische Maßnahmen. Sie ergänzen zweifelsohne zukünftige diagnostische Möglichkeiten, können aber derzeit nicht als ausreichend gesichert für den Routineeinsatz außerhalb von wissenschaftlichen Zentren angesehen werden.
Trotz dieser Unsicherheiten ist die Vorstellung neuartiger, sich in Entwicklung befindlicher Verfahren durchaus wünschenswert, wenn diese als solche gekennzeichnet sind und entsprechend kritisch diskutiert werden. Besonders hervorzuheben sind dabei die Möglichkeiten der lokalen Provokationstests im Gastrointestinaltrakt mittels Gastroskopie, Koloskopie oder spezieller Sondentechniken. Diese Methoden haben den Vorteil, dass sie in vivo am Schockorgan durchgeführt werden, welches nicht nur aus Schleimhaut und immunkompetenten Zellen besteht, sondern vielmehr einer komplexen humoralen und neuronalen Regulation unterliegt, die mit keinem In-vitro-Test erfasst werden kann.
Weiterhin erlauben die lokalen Verfahren am Darm, dem größten Immunorgan unseres Körpers, im Gegensatz zu der oralen Provokation den Nachweis einer allergischen, das heißt immunologisch vermittelten Reaktion als Ursache der Nahrungsmittelunverträglichkeit. Allerdings bedürfen all diese neuen Testverfahren einer gründlichen methodischen und klinischen Validierung, bevor ihre Indikation festgelegt und ihr Einsatz in der Routinediagnostik außerhalb von auf diesem Gebiet erfahrenen Zentren empfohlen werden kann.
[...]

Priv.-Doz. Dr. med. Stephan C. Bischoff
Prof. Dr. med. Michael P. Manns
Abteilung Gastroenterologie, Hepatologie und Endokrinologie
Medizinische Hochschule Hannover
Kühe geben keine Milch - wir nehmen sie ihnen weg!
Antworten
#3
..in der Praxis es scheint es aber erhebliche Schwierigkeiten zu bereiten,
Theorie / Geschriebenes in diese Praxis umzusetzen.
Das "Geschriebene" jedenfalls liest sich gut Big Grin

LG
Uli
Antworten
#4
ja, da hast du leider Recht!
Genauso könnt ich hier die Disaccharidasen und den Isomaltase-Saccharase-Mangel erwähnen...
und denke dann an meine eigenen diagnostizierten Allergien und meinen Darm...
und denke dabei an Packungsbeilagen, wo drin steht, dass dies bei ISM kontraindiziert ist...
und denke dann auch noch an die so oft erwähnten Enzymmängel...
und an all die Ärzte, die bisher nicht im Stande waren, mir auf oben bezogene Anfrage zu antworten...

Und da muss ich jetzt mal ein Zitat unbekannter Herkunft noch loswerden:
"Wenn ein Arzt einen Namen für deine Beschwerden findet, heißt das noch lange nicht, dass er wirklich weiß, was dir fehlt!"

LG, Ines
Kühe geben keine Milch - wir nehmen sie ihnen weg!
Antworten


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