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Zöliakiediagnostik
#2
(Fortsetzung des vorherigen Beitrags)

Zitat:(...)

1.2 Diagnostische Methoden

Eine sorgfältige klinische Untersuchung und Anamneseerhebung des Patienten,
bei der die Ernährungs- und Stuhlanamnese sowie die körperliche und geistige Entwicklung eine wichtige Rolle spielen, geben erste Hinweise auf die Verdachtsdiagnose Zöliakie. Die definitive Diagnose kann nur im Kontext mit Klinik, Serologie und Biopsie bzw. dem Verlauf unter glutenfreier Diät gestellt werden.

1.2.1 Serologische Untersuchungen der Zöliakie

Zur Diagnose einer Zöliakie stehen eine Reihe von Methoden, die auf dem Nachweis von Antikörpern basieren, zur Verfügung (Catassi 1998). Diese serologischen Methoden sind vor allem aufgrund ihrer geringen Invasivität von Vorteil, und darüber hinaus weisen sie eine gute Sensitivität und Spezifität auf.
Meist dienen die serologischen Methoden zur Vorauswahl der zu biopsierenden Patienten, um unnötige Biopsien zu vermeiden (Grodzinsky et al. 1995). Sie haben ebenfalls einen großen Stellenwert bei der Verlaufskontrolle der Patienten unter glutenfreier Diät, sowie bei der Untersuchung von Familienangehörigen von Zöliakie-Patienten (Troncone und Ferguson 1991). Auch aufgrund des epidemiologischen Wandels (Eisbergmodell) (Logan 1992) im klinischen Erscheinungsbild der Zöliakie ist es erforderlich, durch Screening-Methoden die silenten und latenten Formen der Zöliakie bei Patienten frühzeitig zu identifizieren.

1.2.2 Gliadin-Antikörper

Bei Patienten mit unbehandelter Zöliakie werden im Serum Gliadin-Antikörper vom IgA- und IgG-Typ nachgewiesen. Abhängig von Labor und Testprotokoll
erreichen IgA-AGA eine Sensitivität von 31-100% und eine Spezifität von 85-100%. Die Sensitivität für IgG-AGA liegt bei 46-100% mit einer Spezifität von
67-100% (Adenäuer 1998, Holtmeier und Caspary 1998). IgG-AGA lassen sich auch bei gesunden Probanden und bei Patienten mit anderen Erkrankungen des Gastrointestinaltraktes nachweisen (Savilathi et al. 1983, Troncone und Ferguson 1991). Sie sind demzufolge unspezifischer. Bei Patienten mit selektivem IgA-Mangel kommt ihnen die größte Bedeutung zu. Kombiniert man beide Subklassen (IgA- und IgG-AGA), wird eine Sensitivität von 96-100% sowie eine Spezifität von 96-97% erreicht. Zusätzlich zu diesem Testverfahren sollten Endomysium- oder Transglutaminase-AK nachgewiesen werden. Durch Kombination beider Verfahren wird eine Sensitivität und Spezifität von nahezu 100% erreicht (Bürgin-Wolff und Hadziselimovic 1996, Holtmeier und Caspary 1998).

1.2.3 Endomysium-Antikörper

Chorzelski et al. haben erstmals Endomysium-Antikörper als verlässliche Zöliakie-Marker und zur Diagnostik der Dermatitis herpetiformis Duhring nachgewiesen. Die Endomysium-Antikörper sind gegen extrazelluläre, retikuläre Fasern im Endomysium gerichtet, das die glatten Muskelfasern im Affenösophagus umgibt. Die Spezifität und Sensitivität dieses Immunfluoreszenztests (IFT) liegt zwischen 90-100% (Korponay-Szabo et al. 1997, Rujner et al. 1996). Allerdings ist es von Nachteil, dass diese Affenösophagusschnitte sehr teuer und nur begrenzt
verfügbar sind. Zudem erfordert die subjektive Auswertung des IFT ein speziell ausgebildetes Laborpersonal. Dieser Antikörper-Nachweis kann auch
kostengünstiger und mit leichter verfügbarem menschlichen Nabelschnurgewebe mittels indirektem IFT durchgeführt werden. Bei der Interpretation dieses IFT sollte beachtet werden, dass IgA-Mangel-Patienten falsch negative Ergebnisse liefern. Im Gegensatz zu den Gliadin-Antikörpern sind die EMA bei anderen gastrointestinalen Erkrankungen nicht vermehrt zu beobachten.

1.2.4 Transglutaminase-Antikörper

Vor kurzem konnte das endomysiale Autoantigen durch die Arbeitsgruppe um D. Schuppan identifiziert werden (Dietrich et al.1997). Dabei handelte es sich
um die Gewebstransglutaminase2 (`tissue transgutaminase tTG2´), ein Enzym aus der Familie der kalziumabhängigen Enzyme, welche die Quervernetzung der .-Carboxamidgruppe eines Glutaminrestes und der e-Aminogruppe eines
Lysinrestes fördert und zur Bildung einer e-(.-Glutamyl)Lysin-Isopeptid-Verbindung führt (Lorand und Conrad 1984, Folk und Chung 1985, Greenberg et al. 1991, Nemes und Steinert 1999). Dieses Enzym ist unter physiologischen Bedingungen intrazellulär lokalisiert. Die tTG2 wird während Entzündungsprozessen sezerniert. Sie führt durch Isopeptidquerverknüpfung innerhalb oder zwischen Polypeptidketten von Proteinen zu einer Stabilisierung der extrazellulären Matrix. Funktionen der Transglutaminase sind im ganzen Körper zu finden, z.B. in Fibringerinnseln (während der Hämostase und der Wundheilung), in Haaren und Nägeln, in der Zellmembran von alternden Erythrozyten und in der Epidermis (Griffin et al. 2002). Die durch die Transglutaminase katalysierten Isopeptidverknüpfungen sind sehr stabil und können nur durch einen Abbau beider Peptidbrücken gebrochen werden.

Die Rolle der Transglutaminase bei der Zöliakieerkrankung:

Dietrich et al. haben gezeigt, dass Gliadin ebenfalls durch die Transglutaminase2 vernetzt wird (Dietrich et al. 1997). (Der Gliadinanteil im Weizenprotein Gluten beträgt etwa 50%. Die toxische Aminosäuresequenz des Gliadins besteht insbesondere aus Prolin und Glutamin. Glutamin stellt das Substrat der Gewebstransglutaminase2 dar). In der Mukosa entstehen Gliadin-Gliadin- bzw. Gliadin-tTG-Komplexe mit Ausbildung von neoantigenen Epitopen für autoreaktive B-Zellen (Endomysium-Antikörper), aber auch für T-Zellen. Antigenpräsentierende Zellen (z.B. dendritische Zellen der lamina propria) internalisieren und prozessieren nun den Gliadin-tTG-Komplex und präsentieren anschließend über HLA-DQ2(8) die Gliadinpeptide (Griffin et al. 2002). Die Gliadinpeptide werden nun vom T-Zellrezeptor gliadinspezifischer CD4+-T-Zellen erkannt (Sollid 2000). Diese spezifischen CD4+ -Zellen konnten nur in Biopsien von Zöliakie-Patienten nachgewiesen werden, wohingegen sie bei den Kontrollgruppen nicht existieren (Molberg et al. 1997). Die T-Zell-Aktivierung bewirkt durch Cytokinausschüttung (IL4 und IL5) eine Stimulation der B-Zellen zur Antikörperproduktion gegen die körpereigene Transglutaminase, die im Normalfall von der körpereigenen Abwehr toleriert wird. Außer der Vernetzung bewirkt die Transglutaminase2 eine Desamidierung von Glutamin, das in Glutaminsäure umgewandelt wird (bevorzugt bei saurem pH-Wert) und auf Grund seiner negativen Ladung vorzugsweise von HLA-DQ2(8)-Molekülen gebunden wird. Durch die Desamidierung werden T-Zell-Epitope geschaffen, die von den THelferzellen bei Zöliakie-Patienten erkannt werden (Sjörström et al. 1998, Molberg et al. 1998, Van de Wal et al. 1998, Arentz-Hansen et al. 2002, Shan et al. 2002, Vader et al. 2002 b, Hausch et al. 2002). (...)



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Zöliakiediagnostik - von Lena - 27.08.2006, 20:22
Zöliakiediagnostik - von Lena - 27.08.2006, 20:31
Zöliakiediagnostik - von Lena - 27.08.2006, 20:33

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