12.10.2007, 15:21
Von Stefanie Bilen
Functional Food, so genannte funktionelle Lebensmittel, sind aus dem Alltag nicht mehr wegzudenken. Vor allem die großen Getränke- und Nahrungsmittelhersteller entwickeln Produkte, die neben dem vermeintlich guten Geschmack einen Zusatznutzen bieten.
DÜSSELDORF. Es klingt paradox: Hersteller produzieren Kartoffel-Chips, die dem Körper nicht schaden, sondern ihm etwas Gutes tun. Die Forscher des Holzmindener Duft- und Geschmackstoff-Herstellers Symrise sind diesem Ziel schon sehr nahe gekommen. Sie haben Aromen entwickelt, die den würzig-salzigen Geschmack verstärken, gleichzeitig aber die Reduzierung des Salzgehaltes von bis zu 50 Prozent ermöglichen. „Die Aromen suggerieren der Zunge einen Salzgeschmack, so dass das Endprodukt mit weniger Salz auskommt“, formuliert es eine Firmensprecherin. Damit werde die gesundheitsschädigende Wirkung zumindest minimiert.
Die Vorteile eines leckeren Apfels oder einer frischen Kartoffel werden Chips wohl niemals bieten. Dennoch ist Functional Food, so genannte funktionelle Lebensmittel, aus dem Alltag nicht mehr wegzudenken. Vor allem die großen Getränke- und Nahrungsmittelhersteller entwickeln Produkte, die neben dem vermeintlich guten Geschmack einen Zusatznutzen bieten. Die Anuga, die größte Lebensmittel- und Getränkemesse, die am morgigen Samstag in Köln beginnt, widmet dem Thema eine eigene Kongress-Messe.
„Functional Food ist einer der wichtigen Trends in der Ernährungsindustrie, auf den alle großen Unternehmen aufspringen“, sagt Sabine Eichner Lisboa, Geschäftsführerin der Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie. Drei große Wachstumsfelder machen Fachleute in der Branche aus: Bio, Convenience – also Fertigprodukte – und funktionelles Essen.
„Functional Food hat das stärkste Wachstumspotenzial“, sagt Jens Lönneker, Geschäftsführer des Rheingold Instituts in Köln. Verbraucher nehmen Lebensmittel, die einen gesundheitlichen Nutzen versprechen, immer besser an: „Durch den Mehrwert wird dem Essen ein neuer Sinn gegeben“, bestätigt der Psychologe.
Für Symrise ist das Geschäft mit der Technik im Essen eine wichtige Einnahmequelle: Das börsennotierte Unternehmen arbeitet als Dienstleister für die Duft- und Nahrungsmittelbranche und entwickelt Innovationen, die Hersteller wie Coca-Cola, Danone, Nestle oder Unilever für ihre Produkte übernehmen. Voriges Jahr entfielen 47 Prozent ihres 1,2 Mrd. Euro-Umsatzes auf Aromen und Geschmacksstoffe. So wie Symrise Knabbereien salzig schmecken lassen kann, ohne dass viel Salz im Produkt enthalten ist, so werden auch Marmeladen ohne viel Zucker süß.
Für die Getränkeindustrie – eine der innovativsten des Marktes in Deutschland – haben sie zudem eine Vielzahl von Konzepten entwickelt. Die oberste Maxime lautet auch hier: Das Endprodukt muss möglichst natürlich schmecken. Für belebende Drinks nutzen sie beispielsweise Aromen von Mateblättern und Guarana, für Schlummertrunks kommen Milch-, Honig- und Baldrian-Inhaltsstoffe zum Einsatz.
Ein Blick in die Supermarkt-Regale zeigt, dass im Getränkebereich besonders viele funktionelle Produkte zu finden sind. Die Firma Rudolf Wild bietet der Branche beispielsweise Rezepte für Bio-Drinks, Smoothies oder Vitamin-Getränke an. Zur Anuga präsentiert der – nach eigenen Worten – weltweit führende private Produzent von natürlichen Inhaltsstoffen ein Konzept zur Senkung des Blutzuckerspiegels. Aus einer Auswahl von Früchten haben die Heidelberger eine natürliche Fruchtsüße entwickelt, die einen glykämischen Index von weniger als 35 aufweist. Der Index ist ein Maß zur Bestimmung der Wirkung eines kohlenhydrathaltigen Lebensmittels auf den Blutzuckerspiegel. Bei natürlichen Fruchtsäften liegt dieser meist höher, betont eine Sprecherin von Wild: Apfelsaft hat einen Index von 40, Orangensaft von 50.
Begonnen hat der Siegeszug von Functional Food in den 90-er Jahren: Vorreiter in Deutschland waren Danone mit Actimel, Nestle mit LC 1 Joghurt und Unilever mit der Margarine Becel. Seitdem warnen Verbraucherschützer vor der Chemie im Essen, weil für viele Stoffe die Dosis-Wirkung-Beziehung noch nicht geklärt sei: Wie viel muss ich essen, um die versprochene Wirkung zu erzielen, wie viel darf ich konsumieren, ohne dass es schädlich ist?
Unabhängig davon wächst der Markt kontinuierlich: Optimistische Schätzungen gehen davon aus, dass Functional Food 2010 schon ein Viertel des gesamten Lebensmittelmarktes ausmachen soll. Die Konsumgütermultis bereiten sich entsprechend intensiv auf das margenträchtige Geschäft vor. Nestle hat beispielsweise seine strategische Ausrichtung dahingehend geändert, und Gesundheit und Wohlbefinden in den Mittelpunkt gestellt. So bietet der Konzern Eis mit bis zu 40 Prozent weniger Fett an, Sportlernahrung für eine gleichmäßige Energiezufuhr oder Maggi-Suppen mit Vitaminen.
Marktbeobachter erwarten, dass es vorerst die großen Herstellern bleiben werden, die das Geschäft bestimmen. Wegen der hohen Investitionen in Forschung und Entwicklung – und wegen des hohen Werbedrucks, der notwendig ist, um Verbraucher auf die vermeintlichen Vorzüge hinzuweisen, wie Lönneker betont. Einzige Ausnahme: „Pfiffige Mittelständler werden erfolgreiche Konzepte immer schneller kopieren“, sagt er. Ein Blick in die Kühltheke der großen Discount-Ketten bestätigt seine Vermutung.
Quelle: Handelsblatt - Forschung und Innovation
Wer das Ergebnis einer echten "Giftküche" sehen will, sollte vermutlich wirklich die ANUGA aufsuchen... Ansonsten verkneife ich mir lieber jeglichen Kommentar hierzu...
Gruß
Verena
Functional Food, so genannte funktionelle Lebensmittel, sind aus dem Alltag nicht mehr wegzudenken. Vor allem die großen Getränke- und Nahrungsmittelhersteller entwickeln Produkte, die neben dem vermeintlich guten Geschmack einen Zusatznutzen bieten.
DÜSSELDORF. Es klingt paradox: Hersteller produzieren Kartoffel-Chips, die dem Körper nicht schaden, sondern ihm etwas Gutes tun. Die Forscher des Holzmindener Duft- und Geschmackstoff-Herstellers Symrise sind diesem Ziel schon sehr nahe gekommen. Sie haben Aromen entwickelt, die den würzig-salzigen Geschmack verstärken, gleichzeitig aber die Reduzierung des Salzgehaltes von bis zu 50 Prozent ermöglichen. „Die Aromen suggerieren der Zunge einen Salzgeschmack, so dass das Endprodukt mit weniger Salz auskommt“, formuliert es eine Firmensprecherin. Damit werde die gesundheitsschädigende Wirkung zumindest minimiert.
Die Vorteile eines leckeren Apfels oder einer frischen Kartoffel werden Chips wohl niemals bieten. Dennoch ist Functional Food, so genannte funktionelle Lebensmittel, aus dem Alltag nicht mehr wegzudenken. Vor allem die großen Getränke- und Nahrungsmittelhersteller entwickeln Produkte, die neben dem vermeintlich guten Geschmack einen Zusatznutzen bieten. Die Anuga, die größte Lebensmittel- und Getränkemesse, die am morgigen Samstag in Köln beginnt, widmet dem Thema eine eigene Kongress-Messe.
„Functional Food ist einer der wichtigen Trends in der Ernährungsindustrie, auf den alle großen Unternehmen aufspringen“, sagt Sabine Eichner Lisboa, Geschäftsführerin der Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie. Drei große Wachstumsfelder machen Fachleute in der Branche aus: Bio, Convenience – also Fertigprodukte – und funktionelles Essen.
„Functional Food hat das stärkste Wachstumspotenzial“, sagt Jens Lönneker, Geschäftsführer des Rheingold Instituts in Köln. Verbraucher nehmen Lebensmittel, die einen gesundheitlichen Nutzen versprechen, immer besser an: „Durch den Mehrwert wird dem Essen ein neuer Sinn gegeben“, bestätigt der Psychologe.
Für Symrise ist das Geschäft mit der Technik im Essen eine wichtige Einnahmequelle: Das börsennotierte Unternehmen arbeitet als Dienstleister für die Duft- und Nahrungsmittelbranche und entwickelt Innovationen, die Hersteller wie Coca-Cola, Danone, Nestle oder Unilever für ihre Produkte übernehmen. Voriges Jahr entfielen 47 Prozent ihres 1,2 Mrd. Euro-Umsatzes auf Aromen und Geschmacksstoffe. So wie Symrise Knabbereien salzig schmecken lassen kann, ohne dass viel Salz im Produkt enthalten ist, so werden auch Marmeladen ohne viel Zucker süß.
Für die Getränkeindustrie – eine der innovativsten des Marktes in Deutschland – haben sie zudem eine Vielzahl von Konzepten entwickelt. Die oberste Maxime lautet auch hier: Das Endprodukt muss möglichst natürlich schmecken. Für belebende Drinks nutzen sie beispielsweise Aromen von Mateblättern und Guarana, für Schlummertrunks kommen Milch-, Honig- und Baldrian-Inhaltsstoffe zum Einsatz.
Ein Blick in die Supermarkt-Regale zeigt, dass im Getränkebereich besonders viele funktionelle Produkte zu finden sind. Die Firma Rudolf Wild bietet der Branche beispielsweise Rezepte für Bio-Drinks, Smoothies oder Vitamin-Getränke an. Zur Anuga präsentiert der – nach eigenen Worten – weltweit führende private Produzent von natürlichen Inhaltsstoffen ein Konzept zur Senkung des Blutzuckerspiegels. Aus einer Auswahl von Früchten haben die Heidelberger eine natürliche Fruchtsüße entwickelt, die einen glykämischen Index von weniger als 35 aufweist. Der Index ist ein Maß zur Bestimmung der Wirkung eines kohlenhydrathaltigen Lebensmittels auf den Blutzuckerspiegel. Bei natürlichen Fruchtsäften liegt dieser meist höher, betont eine Sprecherin von Wild: Apfelsaft hat einen Index von 40, Orangensaft von 50.
Begonnen hat der Siegeszug von Functional Food in den 90-er Jahren: Vorreiter in Deutschland waren Danone mit Actimel, Nestle mit LC 1 Joghurt und Unilever mit der Margarine Becel. Seitdem warnen Verbraucherschützer vor der Chemie im Essen, weil für viele Stoffe die Dosis-Wirkung-Beziehung noch nicht geklärt sei: Wie viel muss ich essen, um die versprochene Wirkung zu erzielen, wie viel darf ich konsumieren, ohne dass es schädlich ist?
Unabhängig davon wächst der Markt kontinuierlich: Optimistische Schätzungen gehen davon aus, dass Functional Food 2010 schon ein Viertel des gesamten Lebensmittelmarktes ausmachen soll. Die Konsumgütermultis bereiten sich entsprechend intensiv auf das margenträchtige Geschäft vor. Nestle hat beispielsweise seine strategische Ausrichtung dahingehend geändert, und Gesundheit und Wohlbefinden in den Mittelpunkt gestellt. So bietet der Konzern Eis mit bis zu 40 Prozent weniger Fett an, Sportlernahrung für eine gleichmäßige Energiezufuhr oder Maggi-Suppen mit Vitaminen.
Marktbeobachter erwarten, dass es vorerst die großen Herstellern bleiben werden, die das Geschäft bestimmen. Wegen der hohen Investitionen in Forschung und Entwicklung – und wegen des hohen Werbedrucks, der notwendig ist, um Verbraucher auf die vermeintlichen Vorzüge hinzuweisen, wie Lönneker betont. Einzige Ausnahme: „Pfiffige Mittelständler werden erfolgreiche Konzepte immer schneller kopieren“, sagt er. Ein Blick in die Kühltheke der großen Discount-Ketten bestätigt seine Vermutung.
Quelle: Handelsblatt - Forschung und Innovation
Wer das Ergebnis einer echten "Giftküche" sehen will, sollte vermutlich wirklich die ANUGA aufsuchen... Ansonsten verkneife ich mir lieber jeglichen Kommentar hierzu...
Gruß
Verena