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Ausgemustert
#1
Mein Sohn wurde aufgrund seiner Allergien ausgemustert. Sie können ihn nicht seinem Diätplan zufolge ernähren.
Mein Kind hat sich gefreut wie Bolle, er musste noch nicht mal die unangenehme Untersuchung über sich ergehen lassen.
Allerdings haben wir vorher auch zwei Befunde hingeschickt, der eine war der Scratch-Test und der andere war der Bluttest und da beide fast übereinstimmten und ein paar Jahre auseiander lagen konnten sie nichts machen. Beide von unterschiedlichen Ärzten und beide hatten geschrieben, dass er wegen seiner Allergien nicht zum Bund kann.
Aber die Stabsärztin? :Smile lies es sich nicht nehmen ihn erst mal als Hypochonder hinzustellen. Simon hörte sich das ruhig an und dann wurde er langsam sauer und fragte sie ob sie Allergien hätte? Ob sie wisse wie das ist und wie man sich fühlt? Wie es ihm ergangen ist und wie es ihm ergeht, wenn er was falsches isst.
Darauf antwortete sie, dass sie sowieso nicht an diese ganze Mikrobiologie und ? (fällt mir der Name nicht ein) glaube aber sie das Risiko nicht eingehen könnte, dass er krank würde und sie musterte ihn aus.
Als er seinen Bescheid abholte, da sagte die Angestellte, sie sind sicher traurig, dass sie ausgemustert wurden aber wir können sie ihrem Diätplan zufolge nicht ernähren.
So haben die Allergien wenigstens mal eine gute Seite.

LG Emmily
Seit dem 1.1.08 gelte ich nicht mehr als unschuldiger Mensch, sondern stehe ich nach dem Willen der Regierung unter Generalverdacht.
Antworten
#2
Hallo Emmily,

das ist ja schön für euch Smile Wie sehr sich doch die Zeiten geändert haben! Ich kann mich noch gut an den Kalten Krieg erinnern, hab ihn auf der Ostblockseite erlebt. Dort wäre Simon ganz sicher nicht ausgemustert worden.

Und die Bundeswehr hatte damals auch noch einen höheren Personalbedarf.

In meiner Heimatstadt gab es eine sowjetische Kaserne. Als Kind habe ich fast jeden Tag einfache sowjetische Soldaten gesehen und fand immer, dass sie irgendwie nicht glücklich aussahen. Wer weiß, wie viele Allergiker unter ihnen waren? Natürlich weiß es niemand. Eine Uli-mäßige Allergiediagnostik gab es nicht.

In der DDR war es relativ einfach, für Kinder mit schwacher Konstitution und unklaren Krankheitsbeschwerden eine Kur zur allgemeinen Kräftigung zu bekommen. Zum Beispiel im Thüringer Wald. Ein Detail, was viele hier im Forum sicher "erfreuen" dürfte: In der Kur wurde auf eine gute Ernährung geachtet. Deshalb zum Abendbrot eine normierte Portion Butter ;D. Die reichte für mehrere Schnitten. Wollte das Kind nur ein einziges Schnittchen essen, musste es sich den ganzen "Butterberg" auf dieses eine Schnittchen schmieren. Denn die vorgeschriebene Menge Butter musste aufgegessen werden, egal was und wie viel das Kind sonst noch aß.

Hatte die Butterkur nichts gefruchtet, so war es für den Schularzt noch relativ einfach, einen Jungen von schwacher Konstitution von der vormilitärischen Ausbildung freizustellen. Der musste dann das Zivilverteidigungsprogramm der Mädchen mitmachen. War auch kein Spaß. Zum Beispiel: Gasmaske aufsetzen, um festzustellen, dass man unter dem ollen, stinkenden Gummiding erst recht erstickt.

In der Schulzeit gab es immer noch die Hoffnung, dass sich die schwache Konstitution mit der Zeit noch "auswächst". Dazu wurden von der Schulküche - Mittag gegessen wurde in der DDR in der Schule - reichlich Hülsenfrüchte Big Grin :o 8) zugefüttert. Bohnen - Erbsen - Linsen. Interessanterweise hielt sich die Begeisterung der sozialistischen Jugend insbesondere für Bohneneintöpfe sehr in Grenzen.

Die Alten, die Notzeiten im und nach dem Krieg erlebt hatten, meinten, "die Jugend von heute" sei zu sehr verwöhnt und wisse nicht, was gut ist, wenn sie die Eintöpfe verschmähe. Das klang wirklich sehr plausibel. Erst hier im Forum habe ich gelernt, dass Hülsenfrüchte besonderes allergenes Potenzial haben.

Was die Kinder auf dem Teller ließen, kam der Schweinemast zugute. Die Essensreste wurden im Speisesaal in militärgrünen Kübeln gesammelt, bohnengrünen Kübeln. Gab es Bohnen, wurden die Kübel randvoll. So gelang die Schweinemast manchmal besser als die "Kindermast".

Dann kam die Musterung. Der Knabe, der von allen vormilitärischen Programmen befreit worden war und im Sportunterricht beim Handgranatenweitwurf Leistungen erzielte, mit denen er im Ernstfall als Selbstmordattentäter eingestuft worden wäre, wurde natürlich für tauglich befunden, und zwar für fast alle Verwendungszwecke außer Jagdflieger.

Dafür gab es zwei gute Gründe. Zum einen war auch der ungeeignetste Mann noch für die Militärstatistik gut genug.
Statistik = Abschreckungspotenzial
Zum anderen wurde für den Ernstfall mit riesigen Verlustzahlen gerechnet. Auch der "kränkeste Allergiker" eignete sich noch, um totgeschossen zu werden. Die Verluste bei den Mannschaften der Infanterie waren im Zweiten Weltkrieg (besonders auf der sowjetischen Seite) gewaltig gewesen. Im Kalten Krieg wurde mit noch höheren Verlusten bei der motorisierten Infanterie (DDR: Mot.-Schützen) kalkuliert. Dafür brauchte man "Kanonenfutter".

Ist wirklich gut, dass Simon nun keine Blechmarke (Erkennungsmarke) bekommt, die früher sehr wohl bedeutete, dass der Tod "für unser sozialistisches Vaterland" in das Leben der jungen Männer schon eingepreist war.

Jeden Mittwoch Mittag heulten überall im Land die Sirenen. Das erinnerte an Luftangriffe, die viele noch "gut" im Gedächtnis hatten. Wir lebten in Städten mit riesigen Freiflächen, deren Bebauung im Krieg zerstört worden war. Der Wiederaufbau ging in der DDR nur langsam voran. Jedes Haus, jeder Plattenbau hatte einen Luftschutzkeller. ?Tiefflüge von Abfangjägern mit Überschall über bewohntes Gebiet waren nicht so ganz selten. Wer mit dem Zug unterwegs war, begegnete Zügen, die Panzer und Geschütze transportierten.

Auf die optimale Ernährung der Soldaten wurde früher eher nicht geachtet. Wer was nicht vertrug, aß es nicht oder nur wenig davon.

Wirklich gut, dass sich die Zeiten in Europa geändert haben.

Muss Simon nun eigentlich Zivildienst leisten oder entfällt das auch?

Bolek
Antworten
#3
Hallo Bolek,

ich habe deine Antwort erst jetzt gesehen, ich habe vergessen mich benachrichtigen zu lassen.? :Smile

Simon muss keinen Ersatzdienst leisten, er ist ausgemustert für die nächsten 40 Jahre, das hat er schriftlich. Mein mittlerer Sohn ist auch ausgemustert, er hat so schlechte Augen, dass sie Angst hatten, dass er einen Kameraden erschießen könnte.? ;D
Jetzt kommts, den Großen haben sie zwar mit 2 gemustert aber dann vergessen. Heute würden wir dann seine Allergien mal nachreichen und er würde auch ausgemustert werden.

Die DDR, da war doch alles so toll, das wird zumindest immer wieder im Fernsehen von diversen Leuten behauptet. Erst wieder beim perfekten Promidinner am Sonntag. Da bekommt man als Wessi schon ein schlechtes Gewissen, dass die Mauer weg und man vereinigt ist. Man kommt sich als Westler vor als ob alles nur schlecht und böse bei uns ist und aus dem Osten nur das Gute kommt bzw. kam oder war.
Gut, dass es auch solche Berichte, wie von dir gibt.
Bei uns gab es in der Grundschule noch die kostenlose Milchspeisung. Jeden Tag ein halber oder viertel Liter Milch (ich weiß es nicht mehr), wie hat es mich davor gegraust, doch das war ja so wichtig für die Knochen.? :Smile? Meiner Schwester hat es geschmeckt und sie trank häufig meine Milch mit.
Gott sei Dank konnten sich meine Eltern die "gute Butter" nur selten leisten und so gab es die billige Margarine aufs Brot. Sahne und solche Sachen waren in den 60ern auch nicht erschwinglich und außer Milch (mein Vater ist ein Milchjunkie) zum Kuchen backen oder zum Frühstück gab es wenig. Käse mochte mein Vater nicht und so wurden wir schon nicht damit malträtiert.
Allerdings war oder ist mein Vater ein großer Süßspeisenfan und es gab mehrmals in der Woche, dann so gute Sachen wie Reisbrei, Pfannkuchen, Pudding (dünn wie Wasser) und mein absolutes Hassgericht noch vor Reisbrei, Scheiterhaufen am besten noch mit Äpfeln; Haselnüssen und Honig. *würg*
Wir haben übrigens direkt neben der Amikaserne gewohnt und uns Kindern schon mal Kaugummi geschenkt oder die leckere Hershey-Schokolade.
Allerdings war meine Mutter berufstätig und so kam zu den Süßspeisen dann noch die gute Dosenware auf den Tisch. Erbsen und Karotten mit geb. Leberkäse gab es häufig und Nudeln mit Haschee oder Gulasch. Der einzige Brotaufstrich den wir zu Hause hatten, war Erdbeermarmelade, denn die liebte mein Vater und es wurde keine andere gekauft. Wenn ich Erdbeermarmelade rieche, dann wird mir schlecht, genauso wie bei Reisbrei.
Zum Mittagessen hatten wir noch nicht mal Hülsenfrüchte, denn meistens gab es Brot mit Margarine auch mal mit Zucker auf der Margarine oder es gab in der Pfanne gebackenes Brot und wenn Eier zu Hause waren, dann gab es die auch noch darüber. Obst und Gemüse gab es fast nie frisch, denn mein Vater war ja kein Hase, der Grünzeug futtern würde.
Meine Mutter musste an allen Ecken und Enden sparen, denn mein Vater haute das Geld nur so raus, für seine div. Autos und Hobbys.
Wenn ich das hier so lese, dann wundert es mich eigentlich nicht, dass ich weder Gluten noch Milch vertrage, denn das waren so die einzigen Lebensmittel mit denen ich als Kind ernährt wurde. Wir wurden sehr einseitig ernährt und wahrscheinlich hat mein Vater viele LM nicht vertragen und wollte deshalb so einseitig essen oder es waren seine Suchtnahrungsmittel und er ist eigentlich auch allergisch auf diese LM?
Egal, ich wollte dir nur mal zeigen, dass es auch im sogenannten "Goldenen Westen" nicht immer so toll war.
Als ich dann 78 von zu Hause auszog, da hat sich mein Speiseplan dann radikal verändert. Doch da hatte ich schon Allergien und Heuschnupfen, das steigerte sich ja weiter. Heute weiß ich darüber Bescheid, leider war das sehr spät, denn kein Arzt erkannte meine Allergien und so hat sich Allergie auf Allergie gehäuft und ich muss mich um Schadensbegrenzung kümmern.
Hülsenfrüchte vertrage ich übrigens auch nicht.

LG Emmily
Seit dem 1.1.08 gelte ich nicht mehr als unschuldiger Mensch, sondern stehe ich nach dem Willen der Regierung unter Generalverdacht.
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