12.08.2004, 09:54
"Nahrungsmittelunverträglichkeiten......
Patienten mit Nahrungsmittel"allergien" stellen Ärzte häufig vor mehr oder weniger große Probleme -
es ist auch nicht einfach diese zu "identifizieren" -zu diagnostizieren, denn es spielen mehrere Entstehungsmechanismen eine Rolle. Verwirrend und erschwerend kommt hinzu, dass Betroffene über eine Vielzahl von Symptomen klagen, die auf den ersten Blick in keinem Zusammenhang zueinander zu stehen scheinen .Ebenso verwirrend und erschwerend ist die Tatsache, dass selbst in medizinischen Fachkreisen sehr kontroverse Meinungen vertreten und publiziert werden – nachfolgende Ausführungen sollen als Versuch verstanden werden, die verschiedenen Ursachen einer möglichen "Unverträglichkeit" näher zu erläutern . Vielleicht (oder hoffentlich) kann so manchem Patienten eine jahrelange Ärzte-Odyssee oder eine "fragwürdige Karriere als unzufriedener oder nervender und genervter Patient" erspart werden.
Eine "echte" (IgE-vermittelte) Allergie auf Nahrungsmittel ist bei Erwachsenen ziemlich selten, d.h., hier versagen die "klassischen Verfahren der Diagnostik". z.B. der RAST , der bei Kleinkindern hilfreich ist, bei Erwachsenen aber in der Regel keinen Hinweis auf eine Allergie gegen bestimmte Nahrungsmittel zeigt.
Auch wird in der letzten Zeit vermehrt über eine T-Lymphozyten vermittelte und nicht Immunglobulin-
assoziierte Reaktion diskutiert.
Mögliche Ursachen einer "Unverträglichkeit"
1) Malabsorptionen: hierbei handelt es sich um Kohlenhydratverwertungsstörungen, weil z.B. Enzyme fehlen oder verringert sind( z.B. Laktase= milchzuckerspaltendes Enzym) , "Transportsysteme" lahmgelegt sind (z.B. für Fruchtzucker durch Sorbit und seine Derivate, die das "Transportsystem GLUT5" behindern )
Intestinale Fruktosemalabsorption: sie ist leider in der Praxis – wie auch in den gängigen Lehrbüchern- noch ziemlich unbekannt, hier wird bisher nur die hereditäre( ererbte) Fruktoseintoleranz beschrieben.
Sie aber ist immer häufiger die Ursache von z.T. massiven Beschwerden – über ihre Ursachen ließe sich trefflich "streiten"...
Die Laktoseintoleranz z.B. findet als möglicher Verursacher diverser Symptome viel zu wenig Beachtung – im Praxisalltag allerdings findet man sie bei ca 20-30% der Betroffenen .
Bei der Diagnostik sollte in Zukunft auf Provokationen mit den Disacchariden / Kohlenhydraten verzichtet werden- sie stellen eine erhebliche Belastung der sowieso schon sehr in Mitleidenschaft genommenen physiologischen Darmflora dar und erbringen häufig falsch negative/falsch positive Befunde.
Sinnvoller- und weniger belastend- wäre im Zuge einer Endoskopie, die ja fast obligat ist, neben einer Zöliakiediagnostik die Disaccharidasen-Aktivitäten zu messen: denn nicht nur Laktase kann vermindert sein, sondern ebenso Saccharase, Maltase, Isomaltase und Trehalase –was natürlich für weitere Vorgehensweisen / Ernährungsempfehlungen höchst wichtig wäre!
2) Pseudoallergien: das sind Reaktionen z.B. auf Konservierungsstoffe wie Zitronen-Ascorbin-Wein-Benzoesäure oder Glutamat (um nur ein paar wenige zu nennen): sie rufen allergieähnliche Reaktionen hervor, ohne dass das Immunsystem daran beteiligt wäre ( für den Betroffenen ziemlich egal- er leidet ebenso wie bei einer "echten" Allergie) Die Reaktionen sind abhängig von der Dauer und der Menge der Exposition, die Symptome können sich u.a. als chron. Urticaria, als Neurodermitis, Akne, Migräne oder Magen-Darm-Beschwerden ( um nur ein paar wenige zu nennen) zeigen.
3) Kreuzreaktionen bei einer Pollenallergie: z.B. kann man bestimmte Obstsorten =Steinobst bei Birkenpollenallergie oder Mehle bei Gras-Getreidepollenallergie nicht mehr vertragen . Diese Tatsache ist bekannt, sie findet nur leider im Praxisalltag wenig Beachtung.
4) Intestinale Histaminose: sie wird in der letzten Zeit häufiger diskutiert und in einigen Kliniken sehr zeitaufwändig erforscht/diagnostiziert, leider oftmals ohne die erhoffte Besserung für die Betroffenen.
Unbeachtet ist auch die Tatsache, dass z.B. homogenisierte Milch im Tierversuch zu einer vermehrten Mastzell-Degranulation =Histaminfreisetzung führte und zu Anaphylaxie der Versuchstiere( 1989, Nielsen, Poulsen und Hau: Studien an Menschen können aus ethischen Gründen wohl nicht durchgeführt werden- ebenso aus "technischen": in unserer Population findet sich kein Proband, der nicht schon mit Milchproteinen in Kontakt gekommen- und damit sensibilisiert- wäre...) Sie ist in der Regel eine FOLGE lange nicht erkannter Unverträglichkeiten und keine Einzelerscheinung!
5) Glutensensitive Enteropathie / Zöliakie /Sprue:
Sie erscheint in zunehmendem Maße mit einer atypischen Symptomatik und entzieht sich so einer schnellen Diagnostik und diätetischen Therapie.
( Überschrift vom 11.2.2003 im Deutschen Ärzteblatt: > Zöliakie fast eine Volkskrankheit< )
6) Weitere Allergien, z.B. auf Kosmetik-/ Haushaltsmittelinhaltsstoffe, Duftstoffe, Chemikalien oder aerogene Allergene( Pollen, Hausstaubmilben, Tierepithelien und Schimmelpilze) u.s.w. sollten ausgeschlossen /- bestätigt werden, um mögliche Auslöser weiterer Reaktionen zu vermeiden.
Wie schon oben angedeutet, ist es meist eine Kombination der verschiedenen "Ursachen"- und es ist nicht einfach, sie alle "unter einen Hut" zu bekommen, da auch verschiedene Fachärzte (z.B. Internist/ Gastroenterologe und Allergologe) zusammenarbeiten müssten. Vielleicht/ hoffentlich können diese Zeilen Verständnis für die Betroffenen und Neugierde "an der Sache selbst" wecken, und so die oft sehr "zweifelhaften Karrieren" der Betroffenen bald der Vergangenheit angehören lassen......
August 2004 ,U. M.-P.
Uli
Patienten mit Nahrungsmittel"allergien" stellen Ärzte häufig vor mehr oder weniger große Probleme -
es ist auch nicht einfach diese zu "identifizieren" -zu diagnostizieren, denn es spielen mehrere Entstehungsmechanismen eine Rolle. Verwirrend und erschwerend kommt hinzu, dass Betroffene über eine Vielzahl von Symptomen klagen, die auf den ersten Blick in keinem Zusammenhang zueinander zu stehen scheinen .Ebenso verwirrend und erschwerend ist die Tatsache, dass selbst in medizinischen Fachkreisen sehr kontroverse Meinungen vertreten und publiziert werden – nachfolgende Ausführungen sollen als Versuch verstanden werden, die verschiedenen Ursachen einer möglichen "Unverträglichkeit" näher zu erläutern . Vielleicht (oder hoffentlich) kann so manchem Patienten eine jahrelange Ärzte-Odyssee oder eine "fragwürdige Karriere als unzufriedener oder nervender und genervter Patient" erspart werden.
Eine "echte" (IgE-vermittelte) Allergie auf Nahrungsmittel ist bei Erwachsenen ziemlich selten, d.h., hier versagen die "klassischen Verfahren der Diagnostik". z.B. der RAST , der bei Kleinkindern hilfreich ist, bei Erwachsenen aber in der Regel keinen Hinweis auf eine Allergie gegen bestimmte Nahrungsmittel zeigt.
Auch wird in der letzten Zeit vermehrt über eine T-Lymphozyten vermittelte und nicht Immunglobulin-
assoziierte Reaktion diskutiert.
Mögliche Ursachen einer "Unverträglichkeit"
1) Malabsorptionen: hierbei handelt es sich um Kohlenhydratverwertungsstörungen, weil z.B. Enzyme fehlen oder verringert sind( z.B. Laktase= milchzuckerspaltendes Enzym) , "Transportsysteme" lahmgelegt sind (z.B. für Fruchtzucker durch Sorbit und seine Derivate, die das "Transportsystem GLUT5" behindern )
Intestinale Fruktosemalabsorption: sie ist leider in der Praxis – wie auch in den gängigen Lehrbüchern- noch ziemlich unbekannt, hier wird bisher nur die hereditäre( ererbte) Fruktoseintoleranz beschrieben.
Sie aber ist immer häufiger die Ursache von z.T. massiven Beschwerden – über ihre Ursachen ließe sich trefflich "streiten"...
Die Laktoseintoleranz z.B. findet als möglicher Verursacher diverser Symptome viel zu wenig Beachtung – im Praxisalltag allerdings findet man sie bei ca 20-30% der Betroffenen .
Bei der Diagnostik sollte in Zukunft auf Provokationen mit den Disacchariden / Kohlenhydraten verzichtet werden- sie stellen eine erhebliche Belastung der sowieso schon sehr in Mitleidenschaft genommenen physiologischen Darmflora dar und erbringen häufig falsch negative/falsch positive Befunde.
Sinnvoller- und weniger belastend- wäre im Zuge einer Endoskopie, die ja fast obligat ist, neben einer Zöliakiediagnostik die Disaccharidasen-Aktivitäten zu messen: denn nicht nur Laktase kann vermindert sein, sondern ebenso Saccharase, Maltase, Isomaltase und Trehalase –was natürlich für weitere Vorgehensweisen / Ernährungsempfehlungen höchst wichtig wäre!
2) Pseudoallergien: das sind Reaktionen z.B. auf Konservierungsstoffe wie Zitronen-Ascorbin-Wein-Benzoesäure oder Glutamat (um nur ein paar wenige zu nennen): sie rufen allergieähnliche Reaktionen hervor, ohne dass das Immunsystem daran beteiligt wäre ( für den Betroffenen ziemlich egal- er leidet ebenso wie bei einer "echten" Allergie) Die Reaktionen sind abhängig von der Dauer und der Menge der Exposition, die Symptome können sich u.a. als chron. Urticaria, als Neurodermitis, Akne, Migräne oder Magen-Darm-Beschwerden ( um nur ein paar wenige zu nennen) zeigen.
3) Kreuzreaktionen bei einer Pollenallergie: z.B. kann man bestimmte Obstsorten =Steinobst bei Birkenpollenallergie oder Mehle bei Gras-Getreidepollenallergie nicht mehr vertragen . Diese Tatsache ist bekannt, sie findet nur leider im Praxisalltag wenig Beachtung.
4) Intestinale Histaminose: sie wird in der letzten Zeit häufiger diskutiert und in einigen Kliniken sehr zeitaufwändig erforscht/diagnostiziert, leider oftmals ohne die erhoffte Besserung für die Betroffenen.
Unbeachtet ist auch die Tatsache, dass z.B. homogenisierte Milch im Tierversuch zu einer vermehrten Mastzell-Degranulation =Histaminfreisetzung führte und zu Anaphylaxie der Versuchstiere( 1989, Nielsen, Poulsen und Hau: Studien an Menschen können aus ethischen Gründen wohl nicht durchgeführt werden- ebenso aus "technischen": in unserer Population findet sich kein Proband, der nicht schon mit Milchproteinen in Kontakt gekommen- und damit sensibilisiert- wäre...) Sie ist in der Regel eine FOLGE lange nicht erkannter Unverträglichkeiten und keine Einzelerscheinung!
5) Glutensensitive Enteropathie / Zöliakie /Sprue:
Sie erscheint in zunehmendem Maße mit einer atypischen Symptomatik und entzieht sich so einer schnellen Diagnostik und diätetischen Therapie.
( Überschrift vom 11.2.2003 im Deutschen Ärzteblatt: > Zöliakie fast eine Volkskrankheit< )
6) Weitere Allergien, z.B. auf Kosmetik-/ Haushaltsmittelinhaltsstoffe, Duftstoffe, Chemikalien oder aerogene Allergene( Pollen, Hausstaubmilben, Tierepithelien und Schimmelpilze) u.s.w. sollten ausgeschlossen /- bestätigt werden, um mögliche Auslöser weiterer Reaktionen zu vermeiden.
Wie schon oben angedeutet, ist es meist eine Kombination der verschiedenen "Ursachen"- und es ist nicht einfach, sie alle "unter einen Hut" zu bekommen, da auch verschiedene Fachärzte (z.B. Internist/ Gastroenterologe und Allergologe) zusammenarbeiten müssten. Vielleicht/ hoffentlich können diese Zeilen Verständnis für die Betroffenen und Neugierde "an der Sache selbst" wecken, und so die oft sehr "zweifelhaften Karrieren" der Betroffenen bald der Vergangenheit angehören lassen......
August 2004 ,U. M.-P.
Uli