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Ursachen und Formen
#1
"Nahrungsmittelunverträglichkeiten......



Patienten mit Nahrungsmittel"allergien" stellen Ärzte häufig vor mehr oder weniger große Probleme -
es ist auch nicht einfach diese zu "identifizieren" -zu diagnostizieren, denn es spielen mehrere Entstehungsmechanismen eine Rolle. Verwirrend und erschwerend kommt hinzu, dass Betroffene über eine Vielzahl von Symptomen klagen, die auf den ersten Blick in keinem Zusammenhang zueinander zu stehen scheinen .Ebenso verwirrend und erschwerend ist die Tatsache, dass selbst in medizinischen Fachkreisen sehr kontroverse Meinungen vertreten und publiziert werden – nachfolgende Ausführungen sollen als Versuch verstanden werden, die verschiedenen Ursachen einer möglichen "Unverträglichkeit" näher zu erläutern . Vielleicht (oder hoffentlich) kann so manchem Patienten eine jahrelange Ärzte-Odyssee oder eine "fragwürdige Karriere als unzufriedener oder nervender und genervter Patient" erspart werden.

Eine "echte" (IgE-vermittelte) Allergie auf Nahrungsmittel ist bei Erwachsenen ziemlich selten, d.h., hier versagen die "klassischen Verfahren der Diagnostik". z.B. der RAST , der bei Kleinkindern hilfreich ist, bei Erwachsenen aber in der Regel keinen Hinweis auf eine Allergie gegen bestimmte Nahrungsmittel zeigt.
Auch wird in der letzten Zeit vermehrt über eine T-Lymphozyten vermittelte und nicht Immunglobulin-
assoziierte Reaktion diskutiert.

Mögliche Ursachen einer "Unverträglichkeit"

1) Malabsorptionen: hierbei handelt es sich um Kohlenhydratverwertungsstörungen, weil z.B. Enzyme fehlen oder verringert sind( z.B. Laktase= milchzuckerspaltendes Enzym) , "Transportsysteme" lahmgelegt sind (z.B. für Fruchtzucker durch Sorbit und seine Derivate, die das "Transportsystem GLUT5" behindern )
Intestinale Fruktosemalabsorption: sie ist leider in der Praxis – wie auch in den gängigen Lehrbüchern- noch ziemlich unbekannt, hier wird bisher nur die hereditäre( ererbte) Fruktoseintoleranz beschrieben.
Sie aber ist immer häufiger die Ursache von z.T. massiven Beschwerden – über ihre Ursachen ließe sich trefflich "streiten"...
Die Laktoseintoleranz z.B. findet als möglicher Verursacher diverser Symptome viel zu wenig Beachtung – im Praxisalltag allerdings findet man sie bei ca 20-30% der Betroffenen .
Bei der Diagnostik sollte in Zukunft auf Provokationen mit den Disacchariden / Kohlenhydraten verzichtet werden- sie stellen eine erhebliche Belastung der sowieso schon sehr in Mitleidenschaft genommenen physiologischen Darmflora dar und erbringen häufig falsch negative/falsch positive Befunde.
Sinnvoller- und weniger belastend- wäre im Zuge einer Endoskopie, die ja fast obligat ist, neben einer Zöliakiediagnostik die Disaccharidasen-Aktivitäten zu messen: denn nicht nur Laktase kann vermindert sein, sondern ebenso Saccharase, Maltase, Isomaltase und Trehalase –was natürlich für weitere Vorgehensweisen / Ernährungsempfehlungen höchst wichtig wäre!

2) Pseudoallergien: das sind Reaktionen z.B. auf Konservierungsstoffe wie Zitronen-Ascorbin-Wein-Benzoesäure oder Glutamat (um nur ein paar wenige zu nennen): sie rufen allergieähnliche Reaktionen hervor, ohne dass das Immunsystem daran beteiligt wäre ( für den Betroffenen ziemlich egal- er leidet ebenso wie bei einer "echten" Allergie) Die Reaktionen sind abhängig von der Dauer und der Menge der Exposition, die Symptome können sich u.a. als chron. Urticaria, als Neurodermitis, Akne, Migräne oder Magen-Darm-Beschwerden ( um nur ein paar wenige zu nennen) zeigen.

3) Kreuzreaktionen bei einer Pollenallergie: z.B. kann man bestimmte Obstsorten =Steinobst bei Birkenpollenallergie oder Mehle bei Gras-Getreidepollenallergie nicht mehr vertragen . Diese Tatsache ist bekannt, sie findet nur leider im Praxisalltag wenig Beachtung.

4) Intestinale Histaminose: sie wird in der letzten Zeit häufiger diskutiert und in einigen Kliniken sehr zeitaufwändig erforscht/diagnostiziert, leider oftmals ohne die erhoffte Besserung für die Betroffenen.
Unbeachtet ist auch die Tatsache, dass z.B. homogenisierte Milch im Tierversuch zu einer vermehrten Mastzell-Degranulation =Histaminfreisetzung führte und zu Anaphylaxie der Versuchstiere( 1989, Nielsen, Poulsen und Hau: Studien an Menschen können aus ethischen Gründen wohl nicht durchgeführt werden- ebenso aus "technischen": in unserer Population findet sich kein Proband, der nicht schon mit Milchproteinen in Kontakt gekommen- und damit sensibilisiert- wäre...) Sie ist in der Regel eine FOLGE lange nicht erkannter Unverträglichkeiten und keine Einzelerscheinung!

5) Glutensensitive Enteropathie / Zöliakie /Sprue:
Sie erscheint in zunehmendem Maße mit einer atypischen Symptomatik und entzieht sich so einer schnellen Diagnostik und diätetischen Therapie.
( Überschrift vom 11.2.2003 im Deutschen Ärzteblatt: > Zöliakie fast eine Volkskrankheit< )

6) Weitere Allergien, z.B. auf Kosmetik-/ Haushaltsmittelinhaltsstoffe, Duftstoffe, Chemikalien oder aerogene Allergene( Pollen, Hausstaubmilben, Tierepithelien und Schimmelpilze) u.s.w. sollten ausgeschlossen /- bestätigt werden, um mögliche Auslöser weiterer Reaktionen zu vermeiden.

Wie schon oben angedeutet, ist es meist eine Kombination der verschiedenen "Ursachen"- und es ist nicht einfach, sie alle "unter einen Hut" zu bekommen, da auch verschiedene Fachärzte (z.B. Internist/ Gastroenterologe und Allergologe) zusammenarbeiten müssten. Vielleicht/ hoffentlich können diese Zeilen Verständnis für die Betroffenen und Neugierde "an der Sache selbst" wecken, und so die oft sehr "zweifelhaften Karrieren" der Betroffenen bald der Vergangenheit angehören lassen......
August 2004 ,U. M.-P.


Uli
Antworten
#2
Das Chamäleon unter den Immunstörungen: Nahrungsmittelallergien/
- unverträglichkeiten

Auszugsweise Zitate aus einem Sonderdruck aus PRAXIS - telegramm 5/97, Seite 18-20
( leider nicht übers Internet nachlesbar)

Allergische Reaktionen auf Nahrungsmittel sind für Patienten sowie für Therapeuten nach wie vor eine Crux. Das Erscheinungsbild einer solchen Immunstörung scheint kaum ein Symptom auszulassen.
Wer denkt bei Gelenkschmerzen, Hyperaktivität, Konzentrationsstörungen schon an eine Nahrungsmittelallergie? Oft kämpfen die Patienten auch mit einer wechselnden Vielzahl der unterschiedlichsten Beschwerden, so dass seitens der behandelnden Ärzte nicht selten eine
„ psychovegetative Überlagerung“ unterstellt wird.
Da die unterschiedlichen Allergene auch unterschiedliche Zielorgane haben können, mit deren immunkompetenten Zellen sie reagieren, kann es zu Reaktionen an der Haut, der Skelettmuskulatur, in unterschiedlichen Bereichen des Gefäßsystems oder des Gehirns kommen.

Hinweisende Symptome und Befunde
Pollinose-Patienten (Pollenallergiker) zeigen häufig charakteristische Nahrungsmittelallergien/-unverträglichkeiten. Hier wird ersichtlich, dass insbesondre Heuschnupfen-Patienten sehr empfindlich gegenüber Rohkost sind. Wir wissen, dass allergieauslösende Eiweißverbindungen in der Rohkost durch Hitze zerstört werden und somit als Allergen ausfallen. (Ausnahme: Sellerie!) Die Empfehlung, täglich einen großen Anteil Rohkost zu essen, trifft also für Nahrungsmittelallergiker nicht zu!
Kasein, Fisch, Weichtiere , Sellerie (s.o.) und Erdnüsse verlieren allerdings selbst durch Erhitzen nicht ihre allergieauslösende Eiweißstruktur.

Psychosomatisch oder somatopsychisch?
Das Problem der vorschnellen und kritiklosen Psychologisierung der Beschwerden ist bestens bekannt ( d.h. dem Autor und manchem Alternativmediziner; Anm.: Uli)
Mittlerweile konnte jedoch nachgewiesen werden, dass bestimmte Neurotransmitter mastzellaktivierende Eigenschaften besitzen (Diel) . Über diese Neurotransmitter ist der Gastrointestinaltrakt eng mit dem ZNS ( Zentralen Nervensystem) verknüpft. Darüber hinaus kennen wir Neurohormone, die nicht nur in den Gehirnzellen nachweisbar sind, sondern auch in Zellen der Bauchspeicheldrüse und Magenschleimhaut auftauchen. Somit kann zumindest hypothetisch das Phänomen erklärt werden, warum manche Nahrungsmittelallergien einen direkten Einfluss auf das Verhalten ausüben.
Nach Aufnahme der Nahrung in den Gastrointestinaltrakt werden neben Verdauungshormonen im Rahmen des Allergiegeschehens auch andere Neurotransmitter freigesetzt, die zu Veränderungen im ZNS führen können. Darüber hinaus scheinen individuell unverträgliche Nahrungsmittel Immunkomplexe induzieren zu können, die aufgrund ihrer Fähigkeit die Blut-Hirnschranke passieren und Veränderungen der Befindlichkeit und des Verhaltens nach sich ziehen .(Runow)

Ursachen erhöhter Histaminfreisetzung
Histamin ist ein Gewebshormon, das in der Granula ( Granula= Körnchen im Zellinneren) der Mastzellen und der basophilen Leukozyten gebildet wird. Die Lunge, die Haut und vor allem der Gastrointestinaltrakt weisen die höchste Histaminkonzentrationen im Gewebe auf.
Im Sinne der klassischen (Typ I = IgE vermittelten) Allergie wird Histamin durch die Immunglobulin-E vermittelte Aktivierung der Mastzellen freigesetzt. Das IgE hat die Aufgabe, Fremdstoffe in ihren Eigenarten kennen zu lernen , diese Informationen zu speichern und bei einem Zweitkontakt des Antigens zu binden. Haben mindestens 2 auf der Mastzellmembran nebeneinander liegende IgE-Moleküle Kontakt zu ein und demselben Antigen, kommt es im Rahmen der sog. Frühphase der allergischen Reaktion zur Degranulation ( ~Platzen) der Mastzelle. Das dadurch freigesetzte Histamin reagiert mit den sog. H1- Rezeptoren im Gewebe: mit der Folge einer erhöhten Kapillarpermeabilität ( Im Darm mit einer erhöhten Schleimhautpermeabilität) , der Ödembildung sowie einer Reizung sensibler Nervenfasern.

Eine erhöhte Histaminfreisetzung kann aber auch im Sinne der sog. Pseudoallergie unter Umgehung der eben beschriebenen IgE -vermittelten Reaktionen ausgelöst werden.
Farbstoffe wie z.B. Tartazin ( Gummibärchen), Tyramin in Käse ( Camenbert, Parmesan), Wein, Hefe, Schokolade, Zitrusfrüchte reagieren in diesem Fall direkt mit den Membranen der Mastzellen.

Anm. Uli: nicht nur o.g. Substanzen, auch alle anderen Nahrungsmittel- Additiva/ Konservierungsstoffe , fermentierte /enzymatisch gereifte Nahrungsmittel u.s.w. können zu dieser Histaminfreisetzung führen
August 2004 U. M.-P.

Uli
Antworten
#3
Allergien und Intoleranzen

Wenn Ernährung krank macht

von Carola Seifart, Marburg

Weitaus häufiger als die immunologisch bedingten Lebensmittelallergien sind Nahrungsmittelintoleranzen, die auf einem Stoffwechseldefekt beruhen. Der häufigste Defekt*, der intestinale Laktasemangel, führt zur Laktoseintoleranz und spielt weltweit wie auch in Deutschland eine zunehmend wichtigere Rolle

Der gesamte Beitrag hier nachzulesen:
http://www.pharmazeutische-zeitung.de/in...531&type=0

*eine Laktoseintoleranz ist keine Defekt, sondern ein „Mangel an einem Enzym“, das wohl evolutionsbedingt nach der Stillzeit nicht mehr benötigt wird!
( im Artikel) Laktose muss sehr wohl in (verpackten) Nahrungsmitteln deklariert werden!

Alles in Allem: einer der seltenen Beiträge, der nicht „völlig daneben liegt“ .......lesenswert!

Uli
Antworten


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