15.02.2005, 09:33
Deutlicher Qualitätsverfall beim Schinken“
Nürnberger Lebensmittelkontrolle beanstandet „irreführende“ Angaben — Hinterschinken als Naturprodukt
Das bayerische Amt für Lebensmittelsicherheit hat den Verbrauchern gründlich den Appetit verdorben: Zunehmend werden in der Gastronomie Schinken-Nachbildungen aus Wasser, Gelatine und geringem Fleischanteil verwendet. Nürnberg ist da keine Ausnahme: Die städtischen Lebensmittelkontrolleure bestätigen den Negativ-Trend zu „minderwertigen Produkten“.Für Klaus Insenhöfer ist Schinken „ein reines Naturprodukt“. Wie ein Hinterschinken — das ist die korrekte Bezeichnung für Kochschinken — entsteht, weiß der Innungsobermeister natürlich auswendig. Oberschale, Unterschale und Nuss werden gepökelt, kurz bei 70 Grad angeräuchert, in eine Form gepresst und gekocht. Anschließend kommt die Form ins Kühlhaus. „Ein bisschen Schwarte darf für den Geschmack dran sein, sie muss mit dem Fleisch verwachsen sein.“ Manche Metzger verwenden „etwas Flüssiggewürz“. Ab etwa 1,20 Euro pro 100 Gramm ist der Hinterschinken — „passt vorzüglich zu Gemüsen wie Spargel“ - zu haben, sagt Metzger Insenhöfer.Zweiter Klasse“Exakt dieses Naturprodukt müsste auf einer Pizza oder auf einem Sandwich liegen, wenn von Schinken die Rede ist, sagt Klaus Distler, Leiter der städtischen Lebensmittelkontrolle. Natürlich gibt es Ausnahmen. Zum Beispiel den „Vorderschinken“, den „Schinken zweiter Klasse“, dessen Verwendung aber auf den Preislisten in der Pizzeria oder an der Imbissbude deutlich lesbar sein muss. Distler arbeitet eng mit der staatlichen Lebensmittelkontrolle zusammen und holt mit seinen zwölf Außendienstmitarbeitern auch Proben für die Behörde des Freistaats. Dem 57-Jährigen, der mittlerweile seit 32 Jahren als Lebensmittelkontrolleur die Gastronomieszene kennt, sieht beim „Schinken“ den „Verfall der Lebensmittelqualität“. Dabei macht er noch nicht einmal die einzelnen Gastronomen verantwortlich, sondern den Großhandel: „Die Fachkompetenz in der Branche ist nicht überall allzu hoch.“Gelatine und WasserBei etwa 1800 Kontrollen bei Handel und Gastronomie in Nürnberg im Jahr 2004 gab es 53 Beanstandungen wegen Schinkens. Meist geht es um „irreführende Bezeichnung“. Statt Hinterschinken lag auf der Pizza Vorderschinken oder gar Formfleisch: Das sind Fleischreste, die mit Gelatine und Wasser verrührt werden und schinkenähnlich aussehen. Zehn Proben nahm die städtische Behörde für den Freistaat: Dabei gab es acht Mal Ärger wegen irreführender Angaben, ein Mal wegen Hygienemängeln; in einem weiteren Fall fehlte der Hinweis auf kennzeichnungspflichtige Zusatzstoffe. Allerdings warnt Klaus Distler vor Panik. Ob die Schinken-Imitate gesundheitsgefährlich sind, sei im Einzelfall zu klären, zumal der angebliche Schinkenanteil auf der Pizza meist ohnehin gering ist.Die städtischen Lebensmittelkontrolleure packen in solchen Fällen auch nicht gleich den Bußgeld-Katalog aus. Beim ersten Mal werden die Gastronomen belehrt. Später drohen Bußgelder von „einigen Hundert Euro“, meist werden aber mehrere Vergehen zu einer „Paket-Buße“ zusammengefasst.LORENZ BOMHARD
15.2.2005 0:00 MEZ
http://www.nn-online.de/artikel.asp?art=302707&kat=10
PS: ich glaube, die AZ titelte das Thema gestern noch etwas "krasser"- von wegen "Dreck auf der Pizza" oder so.....
Nürnberger Lebensmittelkontrolle beanstandet „irreführende“ Angaben — Hinterschinken als Naturprodukt
Das bayerische Amt für Lebensmittelsicherheit hat den Verbrauchern gründlich den Appetit verdorben: Zunehmend werden in der Gastronomie Schinken-Nachbildungen aus Wasser, Gelatine und geringem Fleischanteil verwendet. Nürnberg ist da keine Ausnahme: Die städtischen Lebensmittelkontrolleure bestätigen den Negativ-Trend zu „minderwertigen Produkten“.Für Klaus Insenhöfer ist Schinken „ein reines Naturprodukt“. Wie ein Hinterschinken — das ist die korrekte Bezeichnung für Kochschinken — entsteht, weiß der Innungsobermeister natürlich auswendig. Oberschale, Unterschale und Nuss werden gepökelt, kurz bei 70 Grad angeräuchert, in eine Form gepresst und gekocht. Anschließend kommt die Form ins Kühlhaus. „Ein bisschen Schwarte darf für den Geschmack dran sein, sie muss mit dem Fleisch verwachsen sein.“ Manche Metzger verwenden „etwas Flüssiggewürz“. Ab etwa 1,20 Euro pro 100 Gramm ist der Hinterschinken — „passt vorzüglich zu Gemüsen wie Spargel“ - zu haben, sagt Metzger Insenhöfer.Zweiter Klasse“Exakt dieses Naturprodukt müsste auf einer Pizza oder auf einem Sandwich liegen, wenn von Schinken die Rede ist, sagt Klaus Distler, Leiter der städtischen Lebensmittelkontrolle. Natürlich gibt es Ausnahmen. Zum Beispiel den „Vorderschinken“, den „Schinken zweiter Klasse“, dessen Verwendung aber auf den Preislisten in der Pizzeria oder an der Imbissbude deutlich lesbar sein muss. Distler arbeitet eng mit der staatlichen Lebensmittelkontrolle zusammen und holt mit seinen zwölf Außendienstmitarbeitern auch Proben für die Behörde des Freistaats. Dem 57-Jährigen, der mittlerweile seit 32 Jahren als Lebensmittelkontrolleur die Gastronomieszene kennt, sieht beim „Schinken“ den „Verfall der Lebensmittelqualität“. Dabei macht er noch nicht einmal die einzelnen Gastronomen verantwortlich, sondern den Großhandel: „Die Fachkompetenz in der Branche ist nicht überall allzu hoch.“Gelatine und WasserBei etwa 1800 Kontrollen bei Handel und Gastronomie in Nürnberg im Jahr 2004 gab es 53 Beanstandungen wegen Schinkens. Meist geht es um „irreführende Bezeichnung“. Statt Hinterschinken lag auf der Pizza Vorderschinken oder gar Formfleisch: Das sind Fleischreste, die mit Gelatine und Wasser verrührt werden und schinkenähnlich aussehen. Zehn Proben nahm die städtische Behörde für den Freistaat: Dabei gab es acht Mal Ärger wegen irreführender Angaben, ein Mal wegen Hygienemängeln; in einem weiteren Fall fehlte der Hinweis auf kennzeichnungspflichtige Zusatzstoffe. Allerdings warnt Klaus Distler vor Panik. Ob die Schinken-Imitate gesundheitsgefährlich sind, sei im Einzelfall zu klären, zumal der angebliche Schinkenanteil auf der Pizza meist ohnehin gering ist.Die städtischen Lebensmittelkontrolleure packen in solchen Fällen auch nicht gleich den Bußgeld-Katalog aus. Beim ersten Mal werden die Gastronomen belehrt. Später drohen Bußgelder von „einigen Hundert Euro“, meist werden aber mehrere Vergehen zu einer „Paket-Buße“ zusammengefasst.LORENZ BOMHARD
15.2.2005 0:00 MEZ
http://www.nn-online.de/artikel.asp?art=302707&kat=10
PS: ich glaube, die AZ titelte das Thema gestern noch etwas "krasser"- von wegen "Dreck auf der Pizza" oder so.....