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Funktionsstörungen des Gastrointetinaltraktes -
#2
... Diarrhoe {dünnflüssiger Stuhlgang} ist bei Zöliakie- Patienten verbreitet und wird durch eine Reihe von Faktoren bedingt, darunter die verschlechterte Absorption von Salz und Wasser in Duodenum und Jejunum, eine Netto- Sekretion von Wasser und Elektrolyten durch eine abnorm permeable Jejunummukosa und eine Netto- Sekretion von Wasser und Elektrolyten im Kolon, induziert durch nicht absorbierte Fettsären und Hydroxyfettsäuren. Der distale {weiter von der Körpermitte weg liegende} Dünndarm hat bei Zöliakie jedoch die Fähigkeit, sich an die Schädigung und den Verlust von Absorptionskapazität im proximalen Dünndarm anzupassen. Tatsächlich ist eine erhöhte Absorption von Natrium, Chlorid und Wasser im Ileum bei Patienten mit Zöliakie demonstriert worden.
Klinisches Bild
Die meisten Patienten mit Zöliakie haben ein typisches Malabsorptionssyndrom, das durch Gewichtsverlust, abdominale Schwellungen und Blähungen, Diarrhoe, Steatorrhoe und abnorme Testergebnisse der absorptiven Funktion charakterisiert ist. Die charakteristischen Veränderungen bei Tests der intestinalen Absorption sind in Tabelle 254-2 aufgeführt. Es muß jedoch darauf hingewiesen werden, daß, einige Sprue- Patienten einzelne Veränderungen aufweisen, die zunächst nicht auf eine Zöliakie hindeuten. So kann ein Patient zur Untersuchung überwiesen werden wegen Eisenmangelanämie ohne erkennbaren Blutverlust oder wegen abnormer Blutungen aufgrund einer Hypoprothrombinämie, hat aber vielleicht keine Diarrhoe oder offenkundige Steatorrhoe. Ebenso können Sprue- Patienten eine rätselhafte metabolische Knochenerkrankung ohne Diarrhoe oder Steatorrhoe aufweisen. Solche Patienten klagen meist über Knochenschmerzen und Schwäche. Häufig werden bei ihnen eine ausgeprägte Demineralisation der Knochen, Kompressionsdeformationen, Kyphoskoliose und Milkman- Frakturen festgestellt. Emotionale Schwankungen sind bei Patienten üblich und bei vielen Patienten mit diagnostizierten Gewichtsverlust, der zuächst mit schweren Angstzuständen und Depression in Verbindung gebracht wurde, wird später eine Zöliakie festgestellt. Bei jedem der oben genannten klinischen Bilder sollte Zöliakie als Differentialdiagnose in Betracht gezogen werden. Zusätzlich zur Dermatitis herpetiformis gibt es gesicherte Beziehungen zwischen Zöliakie und Diabetes mellitus, selektiver IgA- Defizienz, primärer sklerosiernder Cholangitis, primärer biliärer Zirrhose, ulzerativer Kolitis und, was vielleicht die größte Bedeutung hat, lymphozytärer und mikroskopischer Kolitis.
Da es keinen spezifischen diagnostischen Test gibt, sollten 3 Kriterien zusammentreffen, um zu einer definitiven Diagnose der Zöliakie zu gelangen: (1) Belege für eine Malabsorption, (2) eine veränderte Dünndarm(jejunale)- Biopsie, die eine Abstumpfung und Abflachung der Zotten zusammen mit Veränderungen des Oberflächenepithels zeigt, und (3) klinische, biochemische und histologische Besserung nach Verordnung einer glutenfreien Diät. In zweifelhaften Fällen sollten bei den Patienten ein Test mit 30 - 50g oral verabreichten Gluten vorgenommen werden. Wenn diese sofort zu einer verstärkten Diarrhoe {Durchfall} und Steatorrhoe {fettiger Durchfall} führt, ist die Diagnose einer gluteninduzierten Enteropathie gesichert. Es sollte darauf hingewiesen werden, daß Tests der intestinalen Absorption Abweichungen aufzeigen können, die von sehr geringfügigen bis zu sehr schweren Veränderungen reichen. Es konnte gezeigt werden, daß die Abweichungen der Absorptionsttests recht gut mit der Ausdehnung des einbezogenen Dünndarmabschnittes und weniger genau mit der Schwere der proximalen Läsionen korrelieren. Antigliadin- Antikörper werden verbreitet für das Screening der Zöliakie eingesetzt. In einer Untersuchung wurden mit dieser Methode Probanden für die jejunale {tiefere Abschnitte des Dünndarmes betreffend} Biopsie aus 328 Verwandten ersten Grades von 128 adulten Sprue- Patienten ausgewählt. 21 erwiesen sich als positiv in bezug auf Antigliadin- Antikörper und bei 13 war der jejunale histologische Befund übereinstimmend mit Zöliakie. Der antiendomysiale Antikörper scheint ebenfalls eine aussichtsreiche Testmethode zu bieten. Damit gelten die Untersuchungen der Antigliadin- und der antiendomysialen Antikörper als nützliche Methoden für das Screening auf Zöliakie bei Familienmitgliedern. Verwandte positiven Testergebnissen können als latent an Zöliakie erkrankt angesehen werden. Eine mögliche Variante der Zöliakie ist die kollagene Sprue. Bei dieser Erkrankung zeigen die Dünndarmbiopsieproben charakteristischerweise eine abgestumpfte und abgeflachte Mukosa sowie ausgedehnte Massen eines eosinophilen hyalinen {glasig, durchscheinend, transparent} Materials in der Lamina propria. Bei einer Untersuchung von 349 Biopsieproben aus dem Jejunum von 145 Patienten mit Zöliakie wiesen 45 (31%) eine verdickte Basalmembran, oft verbunden mit einer Kollageneinlagerung, auf, doch eine dichte Kollageneinlagerung wurde nur bei 11 Patienten beobachtet. Leider entwickelte sich bei 4 der letztgenannten Patienten eine unbehandelbare Malabsorption. Diese Beobachtungen legen nahe, daß eine kollagene Membranverdickung ein ziemlich häfiger Befund in Jejunalbiobsien von Patienten mit Sprue ist, daß aber dichte Kollagenablagerungen ein ungewöhnliches Bild sind und auf eine ungünstige Prognose hinweisen können.
Behandlung Trotz der Unsicherheit hinsichtlich der Diagnosestellung bei Zöliakie tritt nahezu bei 80% der Patienten nach Einsetzen einer glutenfreien Diät eine Besserung ein. Eine symptomatische Besserung tritt normalerweise innerhalb weniger Wochen ein, aber eine Verbesserung der Testergebnisse der absorptiven Funktionen und der histologischen Dünndarmcharakteristika kann auch nach Monaten noch nicht festzustellen sein. Es ist wiederholt gezeigt worden, daß das strikte Festhalten an einer glutenfreien Diät zuverlässiger zu einer Besserung führt als eine suboptimale Glutenreduktion. Trotzdem zeigen einige Fälle auch bei strikter Diäteinhaltung nur eine geringe Verbesserung des intestinalen histologischen Bildes. Patienten mit Zöliakie, die mit Glukokortikoiden (Cortison) behandelt werden, die aber eine normale glutenhaltige Kost beibehalten, weisen sowohl eine symptomatische Besserung als auch eine Verbesserung der intestinalen Histologie und der intestinalen absorptiven Funktionstests auf. Der Mechanismus, durch den Glukokortikoide (Cortison) die Mukose vor der Wirkung des Glutens schützen, ist nicht bekannt.
Wenn ein Patient nicht auf glutenfreie Diät anspricht, müssen andere Möglichkeiten oder komplizierende Faktoren in Betracht gezogen werden: (1) Die Diagnose ist falsch, (2) der Patient hält sich nicht streng an die Diät, (3) es gibt noch eine begleitende Erkrankung, beispielsweise eine Pankreainsuffizienz, (4) der Patient hat möglicherweise eine Ulzeration (Entwicklung eines Geschwürs) des Jejunums oder des Ileums, (5) es besteht eine Laktase-Defizienz mit resultierender Milchunverträglichkeit, (6) der Patient hat möglicherweise eine kollagene Sprue, (7) bei dem Patienten kann sich ein intestinales Lymphom {Lymphknotenschwellung} entwickelt haben - eine Erkrankung, die bei Patienten mit Sprue häfiger aufzutreten scheint als bei der Gesamtbevölkerung -, und der Patient kann eine lymphozytäre oder mikroskopische Kolitis entwickelt haben. Schließlich sollte betont werden, daß eine kleine Zahl von Patienten eine deutliche verzögerte Reaktion auf eine glutenfreie Diät zeigt, wobei eine signifikante Verbesserung erst nach 24-36 Monaten Therapie eintritt. Etwa 50% der Patienten mit hartnäckiger Sprue sprechen auf Glukokortikoide an; solche Patienten können auch eine parenterale Hyperlimentation {zusätzliche Zufuhr an Mineralstoffen und Vitaminen} benötigen.
Systemische Mastozytose Bei etwa 30% der Patienten mit systemischer Mastozytose {Mastzellenerkrankung} treten Hinweise auf Malabsorption auf. Die Malabsorption ist normalerweise nicht schwerwiegend und manifestiert sich primär als geringgradige oder moderate Steatorrhoe und vermindert Absorption von D-Xylose und Vitamin B12. Dünndarmbiopsieproben zeigen typischerweise eine moderate Verkürzung der Zotten und Mastzellinfiltrate.
Disaccharidasemangel-Syndrom
Wie oben schon erwähnt, erfolgt die Hydrolyse von Disacchariden an oder innerhalb des Bürstensaumes (Mikrovilli) der intestinalen Epithelzellen durch spezifische Disaccharidasen, die dort lokalisiert sind. Wie erwartet sind sowohl primäre (genetische oder familiäre) als auch sekundaäre (erworbene) Defizienzen dieser Disacchadasen zu beobachten.
Laktasemangel beim Erwachsenen Fälle von isoliertem Laktasemangel in der Mukosa treten auf; sie sind mit Symptomen von Laktaseunverträglichkeit verbunden. Da Laktose den hauptsächlichen Kohlenhydratanteil der Milch stellt, zeigen solche Menschen eine Milchunverträglichkeit mit Symptomen wie Bauchkrämpfen, Blähungen oder Aufblähungen und Diarrhoe. Gleiche Symptome treten auch nach der Aufnahme von Laktose auf. Die Symptome sind darauf zurückzuführen, daß Laktose nicht absorbiert wird, wenn sie nicht hydrolysiert ist, und daß ihre osmotische Wirkung im Lumen zum Austritt von Flüssigkeit in den Intestinaltrakt führt. Der PH-Wert des Stuhls ist ebenfalls verringert aufgrund der Produktion von Milchsäure und kurzkettigen Fettsäuren aus der Fermentation von Laktose durch Kolonbakterien. Obwohl ein primärer intestinaler Laktosemangel vererblich zu sein scheint, kann die Laktose- oder Milchunverträglichkeitbis zur Pupertät oder späten Adoleszens klinisch nicht in Erscheinung treten. Es gibt signifikante Rassenunterschiede bei der Inzidenz dieser Erkrankung. Es scheint, daß etwa 5-15% der adulten weißen Bevölkerung einen intestinalen Laktasemangel aufweisen, bei schwarzen Amerikanern, Bantus und Orientalen aber ist eine Häfigkeit von 80-90% dokumentiert.
Die Diagnose kann vermutet werden, wenn man eine Anamnese von gastrointestinalen Symptomen nach der Aufnahme von Milch erhält. Es sei darauf hingewiesen, daß die Aufnahme nur moderater Mengen von Laktose, d.h. von 5-12 g entsprechend 100-200 ml Milch, häufig zu Symptomen führt. Blähungen, Kräpfe und Flatulenz {Abgang von Blähungen}, nicht aber Diarrhoe, werden durch die Aufnahme von geringen bis mäßigen Mengen von Laktose hervorgerufen. Die große Mehrheit von Patienten mit Laktoseintoleranz wissen, daß sie Milch nicht vertragen und vermeiden sie. Daß diese Symptome nicht auf allergische Reaktionen auf Proteine in der Milch (d.h. Milchallergie oder Überempfindlichkeit) zurückzuführen sind, kann mit Hilfe eines Laktoseintoleranztests nachgewiesen werden. Dieser Test besteht darin, daß oral eine Dosis (normalerweise 0,75-1,5 g/kg KG) verabreicht wird und Reihen-Blutproben zur Bestimmung des Blut- Glukose- Spiegels genommen werden. Bei einem positiven Testergebnis treten intestinale Symptome auf, und der Blut- Glukose- Spiegel steigt um weniger als 1,1 mmol/l (20 mg/dl) über den Nüchtern- Spiegel an. Es treten jedoch bei 20% der gesunden Personen falsch- positive oder falsch- negative Ergebnisse auf, weil der Test durch die Magenvölle und den Glukosestoffwechsel beeinflußt wird. Die Wasserstoffmessung in der Atemluft nach der Aufnahme von 50 g Laktose ist eine sensiblere und spezifischere Testmethode. Das Grundprinzip dieses Tests ist, daß Wasserstoff durch Kolonbakterien aus nichtabsorbierter Laktose freigesetzt wird und sich die Atemluft- Wasserstoff- Ausscheidung demzufolge steigert. Der Test ist nicht invasiv und wird durch Magenvölle oder metabolische Faktoren nicht beeinflußt. Ungefähr 70% der Patienten mit primärer Laktoseunverträglichkeit sprechen auf eine laktosereduzierte Diät an, während die verbleibenden 30% dies aufgrund eines zugrundeliegenden Reizdarmsyndroms nicht tun.
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Funktionsstörungen des Gastrointetinaltraktes - - von claudia - 22.09.2004, 21:36

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